Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Wenn ein volljähriges Kind seine begonnene Berufsausbildung nicht fortführt, um ein eigenes Kind betreuen zu können, entfällt der Kindergeldanspruch der Eltern für die Kindesmutter nach Ablauf der Mutterschutzfristen. Der Gesetzgeber ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht dazu verpflichtet, Kinder, die eine eigene Familie gründen, aus diesem Grund ihre Berufsausbildung nicht fortführen können und daher vom Geld ihrer Eltern leben, in den Katalog des § 32 Abs. 4 EStG einzubeziehen.
Sachverhalt
Während ihres Studiums gebar die volljährige Tochter des Klägers ein Kind. Nach Ablauf der Mutterschutzfristen führte sie ihr Studium nicht fort, da sie sich fortan der Betreuung und Erziehung ihres Kindes widmete. Den Eltern der Kindesmutter wurde das Kindergeld nur bis zum Ende der Mutterschutzfristen bewilligt mit der Begründung, dass sich die Kindesmutter in der Folgezeit nicht mehr in Berufsausbildung befand. Das gegen die Ablehnung des Kindergeldanspruchs geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Ebenso wie die Verwaltung verneinte das FG den Kindergeldanspruch des Klägers für die Kindesmutter für die Zeit nach dem Ablauf der Mutterschutzfristen, da die Berufsausbildung nicht fortgeführt wurde. Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 34 Abs. 4 EStG wies das FG zurück. Das Schutzgebot des Art. 6 GG werde durch den Kindergeldanspruch der Kindesmutter für ihr Kind erfüllt. Den Eltern der Kindesmutter stünde für diese nur dann ein Kindergeldanspruch zu, wenn sie bei Fortführung der Berufsausbildung ihrer Tochter Aufwendungen für die Betreuung des Enkelkindes tragen müssten.
Hinweis
Die Entscheidung des FG ist rechtskräftig. Sie entspricht dem Urteil des BFH vom 15.7.2003 (BFH, Urteil v. 15.7.2003, VIII R 47/02, BStBl 2003 II S. 848). Die Eltern eines volljährigen Kindes, das seine Berufsausbildung wegen Betreuung eines eigenen Kindes unterbricht, verlieren zwar den Kindergeldanspruch. Sie können jedoch ihre Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (§ 33a Abs. 1 EStG) geltend machen und dadurch eine steuerliche Entlastung erreichen.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 22.01.2004, 4 K 33/03