Im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Bewertung von Anteilen an Personengesellschaften stellt sich regelmäßig die Frage, wie der gemeine Wert des Gesamtunternehmens, ermittelt nach den Regelungen des § 11 BewG, auf die (jeweils) übertragenden Gesellschafter aufzuteilen ist. Grundsätzlich sind zunächst die Kapitalkonten aus der steuerlichen Gesamthandsbilanz den Gesellschaftern individuell zuzurechnen. Lediglich die Differenz zwischen gemeinem Wert des gesamten Unternehmens und der Summe der Kapitalkonten wird anhand des Gewinnverteilungsschlüssels aufgeteilt. Ergänzungsbilanzen bleiben dabei unberücksichtigt (vgl. Dörfler/Spitz, ErbStB 2022, 14, 15).
Durch die Ausübung der Option zur Besteuerung mit Körperschaftsteuer ergibt sich die Problematik, dass steuerlich keine individuellen Kapitalkonten für die Personengesellschafter mehr geführt werden. Vielmehr erfolgt eine steuerliche Bilanzierung wie bei einer Kapitalgesellschaft, welche grundsätzlich keine individuellen Kapitalkonten kennt. Daher wurde in der Literatur teilweise gefordert die steuerlichen Kapitalkonten nur für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke in einer Schattenrechnung fortzuführen (vgl. Wälzholz, ZEV 2022, 10, 12; Demuth, KÖSDI 2021, 2241, 2252). Diese Schattenrechnung hätte zu einem erheblichen Aufwand geführt, da neben der nun körperschaftsteuerlichen Kapitalkontenführung nun die ggf. sehr aufwendige Kapitalkontenführung für Personengesellschaften durchzuführen gewesen wäre. Der Mehraufwand wäre zudem nur für einmalige Übertragungsvorgänge relevant gewesen.
Erfreulicherweise hat sich die Finanzverwaltung der Ansicht (vgl. Dörfler/Spitz, ErbStB 2022, 14, 15) angeschlossen, dass eine Aufteilung der handelsrechtlichen Eigenkapitalkonten auf die Gesellschafter ausreichend ist. Ausnahmsweise sei auf die handelsrechtlichen Kapitalkonten abzustellen (vgl. Ländererlasse v. 5.10.2022, Tz. 6). Der Praxis bleibt damit die aufwendige Schattenrechnung erspart. Da die optierende Personengesellschaft handelsbilanziell unverändert als Personengesellschaft bilanziert, bleibt es somit möglich, die gesellschafterindividuellen Kapitalkonten für Zwecke der bewertungsrechtlichen Wertaufteilung i.S.d. § 97 Abs. 1a BewG zugrunde zu legen.
Zu Recht weist die Finanzverwaltung in der Textstelle darauf hin, dass die ertragsteuerlichen Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital zur Anwendung kommen. Wie bisher ist es somit entscheidend, die jeweiligen Kapitalkonten danach zu beurteilen, ob sie Eigen- oder Fremdkapitalcharakter haben (zur steuerlichen Abgrenzung vgl. Geck, KÖSDI 2022, 22569, 22571 f.).
Beraterhinweis In der Regel dürften sich hier zwischen der Handels- und ertragsteuerlichen Sichtweise keine Abweichungen ergeben. Handelsrechtlich sind Kapitalkonten von Gesellschaftern einer Personengesellschaft als Eigenkapital auszuweisen, wenn die auf den Kapitalkonten bereitgestellten Mittel als Verlustdeckungspotential zur Verfügung stehen. Diesbezüglich sind die Kriterien der Verlustverrechnung sowie Nachrangigkeit im Insolvenzverfahren entscheidend. Dauerhaftigkeit und Verzinsung der Kapitalkonen sind dagegen keine handelsrechtlich relevanten Kriterien (vgl. IDW RS HFA 7 Rz. 13–15). Diese Kriterien entsprechen inhaltlich weitestgehend den ertragsteuerlichen Kriterien, so dass es im Regelfall zu einer gleichlautenden Beurteilung kommen dürfte.