Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1123
Eine Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus. Diese müssen sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps (hier: Steuerhinterziehungen) zu begehen. Gemäß § 370 Abs. 3 Nr. 5 AO müssen sich die Bandenmitglieder zur fortgesetzten Begehung von Steuerhinterziehungen der Umsatz- oder einer Verbrauchsteuer verbunden haben. Irgendein Mindestmaß an konkreter Organisation oder festgelegten Strukturen ist ebenso wenig erforderlich wie ein "gefestigter Bandenwille" oder ein "Tätigwerden im übergeordneten Bandeninteresse". Erforderlich ist lediglich der Wille zur künftigen Begehung von Straftaten mit mindestens zwei anderen Beteiligten. Dabei ist als Bandenmitglied anzusehen, "wer in die Organisation der Bande eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt". Zur Annahme einer Bande ist hingegen nicht notwendig, dass sich alle Bandenmitglieder persönlich miteinander verabreden und einander kennen. Zu den Anforderungen an eine Bandenabrede führt der BGH in seinem Urteil vom 16.6.2005 ergänzend Folgendes aus:
"Die abstrakte Gefährlichkeit der Bandenabrede folgt aus der engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung der kriminellen Tätigkeit bildet (BGH v. 22.3.2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 336; BGH v. 15.1.2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216; vgl. auch RGSt 66, 236, 241 f.). Die danach vorhandene Organisationsgefahr besteht aber nicht nur dann, wenn eine untereinander getroffene gemeinsame Absprache aller Bandenmitglieder vorliegt, sondern auch, wenn jeder einzelne Beteiligte den Willen hat, sich mit (mindestens) zwei anderen zusammenzutun, um künftig für eine gewisse Dauer Straftaten zu begehen. Denn auch dadurch, dass sich der Bindungswille jedes Einzelnen auf zwei oder mehr Personen bezieht, entsteht zwischen den Beteiligten ein enges Band. Insbesondere bewirkt ein Zusammenschluss auch in dieser Konstellation eine gewisse Selbstbindung der Beteiligten an das Zugesagte, so dass eine spätere Willensänderung erschwert wird; er lässt auch die Möglichkeit der Einflussnahme auf das einzelne Mitglied, wenn es etwa die Bandenabrede nicht einhält oder aufkündigen will, bestehen. Ferner entfaltet die Abrede auch in der hier in Rede stehenden Form aus gruppenspezifischen Gründen eine vom Willen jedes Einzelnen unabhängige Eigendynamik, die das Ausscheiden Einzelner gegen den Willen der übrigen Beteiligten erschwert."
Zu der Art der Kooperation und insbesondere auch hinsichtlich der Einzelheiten der gegenseitigen Unterstützung müssen ausreichende Feststellungen getroffen werden.
Mit Urteil vom 15.5.2018 hat der BGH festgestellt, dass auch in einem Unternehmen ein Handeln als Bande in Betracht kommen kann:
"Auch innerhalb eines Unternehmens können Mitarbeiter einverständlich und anhaltend an der Verkürzung von Unternehmenssteuern mitwirken. Dies traf vorliegend auf die mit dem Geschäftsgegenstand ‚Handel mit CO2-Zertifikaten‘ befassten Angeklagten Ho., H. und K. zu und wird durch den Ausbau dieses Geschäftsfelds mit der Konzentration des CO2-Handels auf die Abteilung CMS-Region Mitte des Angeklagten H. belegt, wobei der Zweck des koordinierten Zusammenwirkens in dem Abschluss der lukrativen, mit dem Makel der Umsatzsteuerhinterziehung behafteten Steigerung des Gewinns der Abteilung CMS-Region Mitte und der damit verbundenen Steigerung des Ansehens der Mitwirkenden innerhalb der Bank lag. Dass Steuerpflichtiger allein die D. AG als Aktiengesellschaft war, steht der Annahme einer Bande nicht entgegen wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist. [...] Steuerhinterziehung durch aktives Tun ist ein ‚Jedermannsdelikt‘. Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jedermann in Betracht (‚wer‘), sofern er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht (BGH, Urt. v. 9.4.2013 – 1 StR 586/12 Rz. 42, BGHSt 58, 218–242). Auch ohne Steuerpflicht ist eine Alleintäterschaft möglich. Dies belegt, dass auch Tatbeteiligte, die sämtlich nicht Steuerpflichtige sind, eine Bande bilden können. Hinzu kommt, dass die D. AG als juristische Person nicht Mitglied einer Bande sein könnte. Zu fordern, dass diejenigen, die die juristische Person nach außen wirksam vertreten, sämtlich Mitglied der Bande sein müssten, um wegen bandenmäßiger Begehung verurteilen zu können, führt zu abwegigen Ergebnissen."
Aufgrund der wohl häufig – zumindest in mittleren und größeren Unternehmen – vorliegenden arbeitsteiligen Organisation wird nach dieser neuen BGH-Rspr. in den verschiedenen Konstellationen einer Steuerhinterziehung in Unternehmen regelmäßig auch das Vorliegen einer Bande zu prüfen sein.
Rz. 1123.1