Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1555
Auch für die Verbrauchsteuer- und Einfuhrabgabenhinterziehung gelten die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze zum Kreis der möglichen Täter und Teilnehmer (s. allgemein Rz. 80 ff.).
Rz. 1555.1
Speziell bei dem arbeitsteilig organisierten, oftmals vom Ausland aus gesteuerten Schmuggel stellt sich das Problem des Tatnachweises für die einzelnen Bandenmitglieder (zum Bandenbegriff nach der neuen BGH-Rspr. s. § 373 Rz. 76 ff.).
Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande zusammen, so hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem Bandenmitglied begangene Tat einem anderen Bandenmitglied ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Tat i.S.d. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Die Frage, ob die Beteiligung als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen.
Rz. 1555.2
Danach ist Mittäter i.S.v. § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint.
Zwar kann für die Einordnung als Mittäterschaft ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt (näher zur Abgrenzung Mittäterschaft und Teilnahme am Schmuggel § 373 Rz. 42 f., 86 f., 94 ff.). Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Hierzu der BGH:
"Das Landgericht hat die Angeklagten L und S rechtsfehlerfrei als Mittäter angesehen. Ob Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) oder Beihilfe (§ 27 StGB) vorliegt, hat der Tatrichter auf Grund einer wertenden Betrachtung aller Tatumstände zu bestimmen. Dabei bilden der Grad des eigenen Interesses, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft die wesentlichen Beurteilungskriterien (BGH v. 20.2.1990 – 3 StR 278/89, BGHSt 36, 363, 367 = AfP 1990, 117; BGH v. 24.6.1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126). Hier konnte das Landgericht auf Grund der Gründung der Spedition, der maßgeblichen Kontrolle der Ware am Umschlagplatz Deutschland sowie dem erheblichen finanziellen Eigeninteresse der Angeklagten von einer täterschaftlichen Begehung ausgehen. Der Umstand, dass die Transporte durch russische oder litauische Hintermänner vorfinanziert und im Wesentlichen gesteuert wurden, steht der Annahme einer Täterschaft bei den Angeklagten nicht entgegen, weil ihnen dennoch ein ausreichendes Maß an Tatherrschaft verblieb und jeder von ihnen ein wesentliches Glied in der bandenmäßig strukturierten Tätergruppe darstellte. Als Mittäter ist ihnen auch jeweils wechselseitig die – spätestens bei ihrer Übernahme (Art. 40 ZK) vorzunehmende – unterbliebene Gestellung der Zigaretten zuzurechnen (vgl. BGH v. 24.10.2002 – 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 69 f. = wistra 2003, 100 = wistra 2003, 147)."
Rz. 1555.3
Auch nach dem Einschmuggeln nach Deutschland kommt noch durch Mitwirken am Transport und Absatz der Waren eine sukzessive Tatbeteiligung in Betracht. Vgl. hierzu den BGH:
"Diese Feststellungen bilden keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer sukzessiven Mittäterschaft der Angeklagten beim Schmuggel der Lieferanten. Zwar können im Falle des Schmuggels Unterstützungshandlungen grundsätzlich auch noch im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung Beihilfe (BGH v. 8.7.1954 – 4 StR 350/54, BGHSt 6, 248; BGH v. 9.7.1996 – 1 StR 728/95, NStZ-RR 1996, 374) oder mittäterschaftliches Handeln darstellen, wenn sie die erfolgreiche Beendigung des Schmuggels fördern sollen (BGH v. 23.4.1953 – 4 StR 743/52, BGHSt 4, 132, 133; vgl. auch Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 369 AO Rz. 57 ff. m.w.N.). Der Schmuggel ist dabei erst dann beendet, wenn das geschmuggelte Gut in Sicherheit gebracht und ‚zur Ruhe gekommen‘ (BGH v. 24.6.1952 – 1 StR 316/51, BGHSt 3, 40, 44; BGH v. 24.10.1989 – 5 StR 314/89, NStZ 1990, 39 = wistra 1990, 101), d.h. seinem Bestimmungsort zugeführt worden ist (BGH v. 24.10.1989 – 5 StR 314/89, MDR 1980, 455 = wistra 1990, 101)."
Rz. 1556
(Mit-)Täter oder mittelbarer Täter einer Einfuhrabgabenverkürzung durch Unterlassen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann nur derjenige sein, der zur Gestellung oder Anmeldung verpflichtet ist (st. Rspr., s. Rz. 1530 m.w.N.).
Hierzu der BGH:
"Steuerschuldner ist, wer Tabakwaren verbringt oder versendet und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat (§ 19 Satz 1 TabStG a.F.). Dafür ist zwar nicht entscheidend, dass der Steuerschuldner die Zigaretten selbst aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland transportiert, allerdings ist ein gewisses Maß an Herrschaft über die Tabakwaren beim Verbringen nach Deutschland erforderlich. So wird als Verbringer auch angesehen, wer kraft seiner Weisungsbefugnis behe...