Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1559
Jede Zollanmeldung zu einem anderen Einfuhrvorgang ist eine selbständige Tat i.S.d. § 53 StGB, selbst dann, wenn die Anmeldungen zusammen abgegeben werden (s. generell zu der Rspr.-Änderung § 370 Rz. 905 mwN).
Beispiel 2
Der Fall betraf den Schmuggel von Holz. Bei den Holzlieferungen von Russland nach Deutschland wurden bei der Zollanmeldung Scheinrechnungen mit einem zu niedrigen Kaufpreis vorgelegt. Damit wurden zur Bestimmung des Zollwerts unrichtige Angaben gemacht, die zu einer zu niedrigen Festsetzung von Zoll und Einfuhrumsatzsteuer führten. Allerdings lässt sich die Festsetzungsverkürzung (§ 370 Abs. 4 Satz 1 Abs. 1 Nr. 1 AO) nur mithilfe der Entscheidung des EuGH vom 3.3.2005 erklären. An sich ist die Holzlieferung i.S.d. Art. 40 ZK (Art. 139 UZK) gestellt; gleichwohl entstehen die Einfuhrabgaben nach Art. 202 Abs. 1 Buchst. a ZK (Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK), weil nach der EuGH-Entscheidung eine vorschriftswidrige Gestellung auch durch eine unrichtige Zollanmeldung bewirkt werden kann.
Rz. 1560
Nach früherer Rspr. stand die Steuerhinterziehung, die der Täter durch Unterlassen beim Verbringen der Zigaretten in das deutsche Steuergebiet begeht (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 TabStG) zur vorangegangenen Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 Alt. 1 AO) durch Sichverschaffen der Zigaretten im anderen Mitgliedstaat – auf denen Zoll, ausländische Einfuhrumsatzsteuer und ausländische Tabaksteuer lasten – in Tatmehrheit (§ 53 StGB). Auch wenn die Weiterfahrt nach Deutschland von vornherein geplant war, handelt es sich um Absatzbemühungen, deretwegen der (Zwischen-)Hehler als Vortäter nicht bestraft wird. Mit der Weiterfahrt verletzt er aber einen anderen Steueranspruch, was seine neue Steuerstraftat begründet.
Nach neuester Rspr. (s. Rz. 1548.1 f.) stellt sich die Frage der "Konkurrenz"zwischen Steuerhehlerei und Steuerhinterziehung in mehreren Sachverhaltskonstellationen.
Rz. 1560.1
Mit Beschluss vom 23.5.2019 hat der BGH angedeutet, das Konkurrenzverhältnis zwischen Steuerhehlerei und nachfolgend unterbleibender Tabaksteuererklärung zukünftig anders als bislang zu bestimmen: statt Tatmehrheit nun natürliche Handlungseinheit. Entfällt jedoch die Strafbewehrung der unterlassenen Erklärung der Tabaksteuer, weil mit ihr untrennbar die Offenbarung der unmittelbar vorhergegangenen Steuerhehlerei verbunden wäre (s. Rz. 1548.5 sowie zitiert in § 370 Rz. 310), so kommt es gar nicht erst zu einem Konkurrenzverhältnis und die geänderte Sicht des BGH kann sich nicht auswirken.
Rz. 1560.2
Ist das Verbringen unversteuerter Zigaretten (Einfuhr nach Deutschland oder Transport von einem EU-Staat in einen anderen über inländisches Gebiet) nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO strafbar, so ist die nachfolgend unterlassene Abgabe der Tabaksteuererklärung mitbestrafte Nachtat. Nach den Grundsätzen der Entscheidung vom 23.5.2019 wäre jedoch die Strafbarkeit der Nichtabgabe ohnehin suspendiert, weil die Erklärung notwendigerweise die vorangegangene Tat des Verbringens ohne Steuerzeichen offenbaren würde.
Mit dem Erreichen deutschen Staatsgebiets ist die Tat gem. § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO vollendet, auch wenn die Ware unmittelbar hinter der Grenze sichergestellt wurde.
Rz. 1560.3
Bei einer Weiterfahrt des Schmugglers nach Deutschland liegt Tatmehrheit vor. Angesichts der verschiedenen Steuern, die beim Zigarettenschmuggel betroffen sind (Einfuhrabgaben sowie Tabaksteuer als Binnensteuer) ist auch Tatmehrheit beim Schmuggler i.S.d. § 373 AO anzunehmen, wenn dieser nach erfolgreicher Einfuhr in einen anderen Mitgliedstaat die Zigaretten nach Deutschland – wenn auch nur zum Durchgang – verbringt. Das Gleiche gilt für den Absatzhelfer, der selbst verbringt. Beim Absatzhelfer, der nicht selbst verbringt, sind die einzelnen Unterstützungsleistungen dagegen als eine Tat i.S.v. § 52 StGB zusammenzufassen.
Rz. 1560.4
Der mittelbare Täter, der seinen in den Anweisungen zur Organisation liegenden Beitrag bereits im Stadium der Vorbereitung geleistet hat, begeht auch dann nicht mehrere Straftaten, sondern ist tateinheitlich zu verurteilen, wenn der unmittelbare Täter mit der Verkürzung von Zollabgaben und (EU-)ausländischer Einfuhrumsatzsteuer einerseits und deutscher Tabaksteuer andererseits (soweit das nach der neuen Rspr. denn noch gilt, s. Rz. 1560.1) wegen tatmehrheitlich begangener zweier Steuerstraftaten zu verurteilen ist. Daran ändert es nichts, dass die gleichzeitige Abgabe mehrerer Steuererklärungen mit demselben Fehler grundsätzlich als tatmehrheitlich begangen anzusehen wäre.
Rz. 1560.5
Bei dem Gehilfen eines Schmuggels liegt Tatmehrheit vor, wenn die Beiträge jeweils nur einem Transport zuzuordnen sind. Tatmehrheit soll selbst dann vorliegen, wenn sämtliche Transporte durch andere Unterstützungshandlungen zugleich gefördert werden. Die allgemeinen Unterstützungen fassen nicht etwa d...