Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1880
Mit Kryptowährungen werden häufig die Attribute "intransparent", "privat" und "anonym" in Verbindung gebracht, so dass manch ein Steuerpflichtiger auf die Idee kommen könnte, dass diese virtuellen Währungen sich gut zur Steuerhinterziehung oder Geldwäsche eignen könnten. Diese Annahme ist allerdings so nicht zutreffend.
Rz. 1881
Privatsphäre bedeutet, dass Informationen über sich oder sich selbst als Person bzw. Gruppe versteckt werden. Im Zusammenhang mit Geld erlangen hierbei die beiden Komponenten Transparenz und Anonymität Bedeutung. Wenn die Transparenz am niedrigsten und die Anonymität am höchsten ist, ist die Privatsphäre am höchsten.
Rz. 1882
Anonymität in Bezug auf Kryptowährungen bedeutet, dass zum einen niemand weiß, wer sich genau hinter einer bestimmten Kryptowährungsadresse verbirgt. Es besteht darüber hinaus auch eine Anonymität dahin gehend, wer einen zufälligen Private Key generiert hat.
Rz. 1883
Unter Transparenz versteht man in Bezug auf Geld, dass die Geldflüsse nachvollzogen werden können. Der überwiegende Teil der Blockchains – von neueren Technologien wie Zero-Knowledge-Proofs abgesehen – ist zu 100 % transparent. Dies ist vielen Nutzern nicht bekannt. Zero-Knowledge-Proofs sind der wirkungsvollste Weg, um die Privatsphäre zu erhöhen, und sie werden von Kryptowährungen wie Z-Cash und seit dem Byzantium Upgrade mittlerweile auch von Ethereum verwendet.
Rz. 1884
Bei transparenten Blockchains, wie z.B. der Blockchain von Bitcoins, besteht die Möglichkeit, fehlende Informationen zusammenzusetzen und Transaktionen zurückzuverfolgen. Die Blockchain ist insoweit vergleichbar mit einem anonymen Nummernkonto, bei dem man sämtliche Kontoauszüge vorliegen hat, aber nicht weiß, wem das Konto gehört. Es besteht für jeden die Möglichkeit, in die Blockchain Einblick zu nehmen, wo er Empfängeradresse, Senderadresse und Betrag sehen kann. Aufgrund der einsehbaren Transaktionshistorie sind sämtliche Geldflüsse bekannt. Erforderlich ist nur eine Transaktion, um die Wallet-Adresse (vergleichbar einer Briefkastenadresse) mit einem Klarnamen verbinden zu können, wenn der Walletinhaber jemandem seine Wallet-Adresse mitteilt. Sodann ist es möglich, den Inhaber mit der Adresse zu verbinden und dann Einsicht in Guthaben und alle Transaktionen zu dieser Kryptoadresse bekommen. Aufgrund dessen sind die Ermittlungsbehörden in der Lage, strafprozessuale Ermittlungsmöglichkeiten in der Blockchain in Form der Rückverfolgung der individuellen Transaktionshistorie zu tätigen, welche weiter unten noch näher dargestellt werden (Rz. 1892 ff.). Hierdurch kann der Täter eines Vermögensdelikts im Zusammenhang mit einer Kryptowährung ausfindig gemacht werden. Mithin handelt es sich nur vermeintlich um eine Anonymität, eine sog. Pseudonymität, welche allerdings einigen Straftätern im Zusammenhang mit Kryptowährungen nicht bekannt ist. Daneben gibt es jedoch auch Kryptowährungen, deren Blockchain intransparent ist (sog. Privacy Coins). Hierzu zählt z.B. Monero (XMR). Bei diesen Kryptowährungen ist es den Ermittlungsbehörden bisher nicht möglich, Rückverfolgungen vorzunehmen. Aufgrund der grundsätzlichen Transparenz der meisten Blockchains und der nur eingeschränkten Anonymität, kann die Legitimität den oftmals kritisierten Privacy Coins und sog. tumblern/mixern (z.B. Tornado-Cash) nicht per se abgesprochen werden. Um eine Rückverfolgung zu verhindern, werden Coinbestände in kleinere Mengen aufgeteilt und mit einer Vielzahl anderer Transaktionen über verschiedene Wallets geleitetet, sinnbildlich also gemixt oder durcheinandergebracht (engl. to tumble). Dies kann neben der Verschleierung der kriminellen Herkunft auch den Grund haben, die persönlichen Vermögensverhältnisse der Beobachtung durch Dritte zu entziehen (sog. Wallet Observer oder Whale Watcher, die fremde Wallets mit großen Coinbeständen und deren Transaktionsverhalten beobachten). Der ansonsten unstreitige und sakrale Stellenwert des Datenschutzes und Steuergeheimnisses soll für Kryptowerte anscheinend nicht gelten.
Rz. 1885
Hinsichtlich der Anonymität fordern zentrale Behörden im Falle von Kryptowährungen die Exchanges dazu auf, ihre Kunden dazu zu verpflichten, eine Kopie des Passes und einen Adressnachweis hochzuladen, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen zu können.
Rz. 1886
Viele Straftäter glauben, dass Kryptowährungen bei illegalen Aktivitäten besser vor Entdeckung schützen als normales Fiat-Geld. Als Fiat-Geld werden – vor allem in der Kryptoszene – Währungen wie der Dollar oder der Euro bezeichnet, weil diese durch Zentralbanken aus dem "Nichts" geschöpft werden, keinen inneren Wert innehaben, wie z.B. Warengeld in Form von Zigaretten oder Reis, und darüber hinaus auch keine (vollständige) Deckung durch reale Vermögenswerte aufweisen.
Rz. 1887
Bargeld besitzt jedoch die höchste Form der Privatsphäre und die ger...