Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
a) Allgemeines
Rz. 1889
Eine erhebliche Bedeutung im strafrechtlichen Diskurs von Kryptowährungen kommt dem Straftatbestand der Geldwäsche nach § 261 StGB sowie den weiteren geldwäscherechtlichen Regularien zu. Die Legaldefinition von Kryptowerten des § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG geht auf die Definition der 5. EU-Geldwäscherichtlinie zurück (vgl. bereits Rz. 1853), weshalb die Bekämpfung der Geldwäsche als Katalysator, wenn nicht gar als Ursprung der staatlichen Regulierung von Kryptowerten gesehen werden kann. Die erhöhte Geldwäschegefahr wird häufig auf zwei Grundeigenschaften des Blockchain-Systems, die Dezentralität und ihre vermeintliche Anonymität, zurückgeführt. Ein schnelles Wechseln z.B. der Bitcoin-Adressen macht die Verwendung von Bitcoins scheinbar deutlich anonymer als die Nutzung gesetzlicher Zahlungsmittel. Die Verwendung von Anonymisierungsdiensten – bspw. sog. Tumbler/Mixer aber auch von sog. Privacy Coins wie Monero (XMR) – kann zur weiteren Verschleierung des Geldflusses beitragen. Innovative Lösungen, die u.a. eine schnelle Übertragbarkeit über nationale Grenzen hinweg ermöglichen, sowie der hohe monetäre Wert machen Kryptowerte für Geldwäscher interessant. Die Dezentralität machte es erforderlich, die Identifizierungsvorschriften zu modifizieren. Seit dem Inkrafttreten der Geldwäschereform sind die Identifizierungsvorschriften nun nicht nur auf Banken anwendbar, sondern erstrecken sich u.a. auch auf Börsen, bei denen Kryptowährungen gehandelt werden.
b) Typologien
Rz. 1890
Den Großteil der kryptowert-bezogenen Straftaten machen Anschlussdelikte, insbesondere Geldwäsche aus. Die bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) eingegangenen Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit Kryptowerten sind im aktuellen Berichtsjahr 2021 auf 5.230 (Vorjahr: 2.050) gestiegen, wobei 92 % der Meldungen von Kreditinstituten kamen.
Rz. 1890.1
Den Großteil der ausgemachten Vortaten bilden Cybercrime-Delikte im engeren Sinne, wie Computerbetrug (§ 263a StGB), aber auch Betrug (§ 263 StGB) oder Erpressung (§ 253 StGB). Nicht zuletzt wegen der durch sie entstehenden immensen Schäden (in Deutschland über 10. Mrd. Euro im Jahr 2021) und ihrer professionalisierten Organisationsstruktur medial viel Beachtung erfahren haben sog. Ransomeware-Angriffe. Bei diesem Phänomen werden Daten oder die gesamte Infrastruktur eines Unternehmens gehackt und verschlüsselt wird, um im Gegenzug für die Entschlüsselung Lösegelder zu erpressen. Die Strafbarkeit richtet sich regelmäßig nach §§ 303a, 303b, 253 StGB. Die Lösegeldforderung richtet sich in den meisten Fällen auf die Zahlung von Kryptowährungen. Die Überweisung des Lösegelds in Kryptowerten anstatt von Bargeld macht eine für die Täter riskante Geldübergabe entbehrlich, erschwert aber aufgrund der Nachverfolgbarkeit in der Blockchain und der inzwischen flächendeckenden Einführung von KYC-Prozessen die Verschleierung der inkriminierten Herkunft. So ist es zu erklären, dass 56 % der von Chainalysis zurückverfolgten Lösegelder zu lediglich sechs Kryptoanbietern gesendet wurden (darunter drei große internationale Börsen, eine als hochriskant eingestufte russische Börse sowie zwei Mixing-Anbieter), um die Herkunft zu verschleiern.
Neben diesen und anderen spektakulären Fällen, insbesondere der Sanktionsumgehung und Staatsschutzdelikten, dürften aufgrund des inzwischen normierten sog. All-crimes-Ansatzes und der grundsätzlichen Weite des Geldwäschetatbestands weniger exotische Delikte – allen voran die Steuerhinterziehung – quantitativ den Großteil der Vortaten der (ggf. Selbst-) Geldwäsche ausmachen. Neben den bisher bekannten Methoden, die Herkunft über das vielfache Versenden von Wallets, durch Mixing-Dienste oder den Einsatz von Strohleuten zu verschleiern, wird seit jüngerer Zeit auch das Mining von Coins in Miningpools zu diesem Zweck genutzt.
c) Tatbestandsmerkmale
Rz. 1891
Taugliches Tatobjekt der Geldwäsche ist jeder vermögenswerte Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Vortat herrührt. Der Gegenstandsbegriff ist dabei sehr weit zu verstehen, so dass auch Kryptowährungen hierunter zu fassen sind. In Rahmen des Merkmals des "Herrührens" stellt sich die äußerst umstrittene Frage der Kontamination bei Vermischung von bemakelten und unbemakelten Vermögensgegenständen. Bei der Vermengung von Giralgeld auf einem Bankkonto, das teilweise aus legalen, teilweise aus illegalen Quellen stammt, stellt sich die Frage, ob eine Teil- oder Totalkontamination des Gesamtguthabens erfolgt und ob darüber hinaus die Überschreitung einer gewissen Mindestquote erforderlich ist. Der BGH geht bei vermischtem Giralgeld von einem insgesamt aus einer Vortat herrührenden Gegenstand aus, wenn der aus der Vortat stammende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht völlig unerheblich ist. Diese Schwelle soll jedenfalls bei einer Quote von 5,9 % erreicht sein. Ob...