Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 211
Die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO besteht darin, dass der Täter unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gegenüber den FinB oder anderen Behörden macht. Dazu gehört etwa die falsche Behauptung, Computerteile würden exportiert (s. Rz. 110), die unvollständige Angabe von Umsätzen (s. Rz. 81), das Geltendmachen nicht entstandener Betriebsausgaben (Rz. 113.12, 237 ff.), die falsche Behauptung, man wohne im Ausland bzw. die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung lägen vor, oder das teilweise Verschweigen von Einkünften (s. Rz. 115.2). Angaben können auch im Rahmen von Vollstreckungsverfahren, Einspruchs- und Klageverfahren, Selbstanzeigeverfahren sowie Außenprüfungsverfahren tatbestandsmäßig sein; insbesondere kann eine Steuerhinterziehung auch durch unrichtige oder unvollständige Angaben im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung begangen werden. Im Erhebungs- und Beitreibungsverfahren können bspw. unrichtige Angaben zu den Vermögensverhältnissen im Rahmen von Stundungs- und Erlassanträgen gemacht werden.
Das Machen von Angaben setzt einen Kommunikationsakt voraus, so dass bspw. die Manipulation eines Gegenstandes zur Täuschung der FinB nicht unter § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO fällt. Im Ergebnis ist es dabei zunächst gleichgültig, ob man diese Tathandlung als Täuschung i.S.d. § 263 StGB bezeichnet oder nicht (zur Problematik der Zurechnung des Hinterziehungserfolgs s. Rz. 570 ff.). Geht man davon aus, dass schon aus dem Begriff der Täuschung folgt, dass der Täter subjektiv ein entsprechendes Täuschungsziel verfolgen muss, wäre eine solche Definition für § 370 AO irreführend und verfehlt, da der Fahrlässigkeitstatbestand des § 378 AO Täuschungsabsicht nicht voraussetzen kann, sondern unstreitig die leichtfertige Abgabe falscher oder unvollständiger Angaben erfasst. Zudem lässt sich der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ganz unproblematisch rein objektiv verstehen, so dass es zunächst nur darauf ankommt, ob objektiv unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden, ohne dass die Ziele des Täters relevant wären.
Beispiel
nach BGH (s. Rz. 111 f.): Der Angeklagte ließ unversteuerte und unverzollte Zigaretten unter Tarnwaren verborgen in Containern von Zypern über die Bundesrepublik nach Tschechien befördern. Mit dem Transport beauftragte er Spediteure, die gutgläubig die in den Frachtpapieren ausschließlich ausgewiesene Containerware ohne die Zigaretten zum gemeinschaftlichen Versandverfahren anmeldeten.
Sind die Spediteure gutgläubig, machen sie zwar unrichtige Angaben, der Vorsatz fehlt aber. Dem Angeklagten können die Falschangaben der Spediteure als mittelbarer Täter über § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zugerechnet werden (s. Rz. 112).