Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 420
Bei der Tabaksteuer (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO, s. zur Tathandlung Rz. 361 ff., 317) entsteht die Steuer zum Zeitpunkt der Überführung der Tabakwaren in den steuerrechtlich freien Verkehr, wenn sich keine Steuerbefreiung anschließt (§ 15 Abs. 1 TabStG; für die Einfuhr s. § 21 Abs. 1 TabStG; für das Verbringen aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats der EU s. § 23 Abs. 1 TabStG). Der Hersteller oder Einführer hat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 TabStG die Steuerzeichen, durch deren Verwendung die Steuer entrichtet wird (§ 17 Abs. 1 Satz 1 TabStG), nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bestellen und die Steuerzeichenschuld selbst zu berechnen. Die Verwendung umfasst das Entwerten und das Anbringen der Steuerzeichen an den Kleinverkaufspackungen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 TabStG). Zu verwenden sind die Steuerzeichen zu dem Zeitpunkt, in dem die Steuer entsteht (§ 17 Abs. 1 Satz 3 TabStG). Vollendung liegt damit vor, wenn die Tabakwaren ohne Verwendung der Steuerzeichen nach § 15 Abs. 2 TabStG in den freien Verkehr überführt werden. Das ist bspw. dann der Fall, wenn sie aus dem Steuerlager entnommen werden. Gleiches gilt, wenn sie ohne Erlaubnis hergestellt werden.
Werden bei der Einfuhr von Tabakwaren (§ 21 TabStG) keine Steuerzeichen verwendet, sind die Tabakwaren nach den Zollvorschriften anzumelden (§ 21 Abs. 3 TabStG); das Unterlassen der Anmeldung ist nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbewehrt (s. Rz. 317). Neben der Tabaksteuer – evtl. der eines anderen EU-Mitgliedstaats (§ 370 Abs. 6 Satz 1 AO, s. Rz. 552) – werden auch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (§ 370 Abs. 6 Satz 1 AO, s. Rz. 551 f.) hinterzogen. Die Fälligkeit richtet sich dann ebenfalls nach den Zollvorschriften (§ 21 Abs. 3 TabStG).
Zur Steuerentstehung und Erklärungspflicht bei Verbringen aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats der EU s. § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 TabStG. Nach § 23 TabStG ist unverzüglich nach dem Verbringen eine Steuerklärung abzugeben. Geschieht das nicht, wird die Steuer nicht rechtzeitig festgesetzt. Str. ist, ob neben § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auch Nr. 3 einschlägig ist (s. Rz. 362). Zur Erklärungspflicht des Besitzers der Tabakwaren s. Rz. 362; zu der des Lieferanten s. Rz. 362 und BGH v. 27.6.2018 – 1 StR 282/18 Rz. 14. Wird der Besitz erst nach Beendigung des Verbringens erlangt (s. Rz. 362), ist nach Auffassung des BGH nach wie vor allein § 374 AO, nicht aber § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG einschlägig. Die Erklärungspflicht nach § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG besteht nicht, wenn durch deren Erfüllung eine begangene Steuerhehlerei durch den Ankauf oder das Sich-Verschaffen der Tabakwaren offenbart werden müsste ("nemo tenetur se ipsum accusare", s. Rz. 309 f.). Zu den Fällen, in denen ein Weitertransport in einen anderen Mitgliedstaat der EU geplant ist, s. Rz. 363. Beihilfe (s. Rz. 153 ff.) zur Hinterziehung von Tabaksteuer leistet etwa, wer vorsätzlich als Fahrer das Verbringen der Tabakwaren unterstützt oder Maschinen zur illegalen Zigarettenproduktion beschafft. Zur unverzüglichen Steueranmeldung beim Import von Kaffee s. Rz. 718. Zur Hinterziehung von Schaumweinsteuer s. BGH v. 9.12.2015 – 1 StR 256/15.
Rz. 421
Wegen der Besonderheiten des Erfolgseintritts bei einzelnen Steuerarten wird ansonsten auf die Darstellung zu ausgewählten Einzelfragen bei § 370 AO verwiesen: Lohnsteuer (s. Rz. 1312 ff.); Bauabzugsteuer (s. Rz. 1348 ff.); Umsatzsteuer, insb. auch bei Umsatzsteuerkarussellen (s. Rz. 1357 ff.); Körperschaftsteuer (s. Rz. 1420 ff.); zur früheren Vermögensteuer (s. Rz. 1482 ff.); Erbschaft- und Schenkungsteuer (s. Rz. 1515 ff.); Einfuhrabgaben und Verbrauchsteuern (s. Rz. 1540 ff.). Zum "Schmuggelprivileg" des § 32 ZollVG s. Rz. 374; zur Steuerverkürzung im Erhebungs- und Beitreibungsverfahren s. Rz. 433, 1562 ff.. Zur Hinterziehung von (französischer) Biersteuer durch unrichtige Eingangsmeldungen s. BGH v. 2.4.2020 – 1 StR 224/19.
Rz. 422– 423
Einstweilen frei.