Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1540
Auch bei Zöllen bzw. Einfuhrabgaben tritt der Verkürzungserfolg gem. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO dann ein, wenn die Steuern nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Bei den Einfuhrabgaben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer handelt es sich seit Inkrafttreten des ZK mit Wirkung vom 1.1.1994 um Veranlagungssteuern, nicht um Fälligkeitssteuern, d.h. erforderlich ist nach Maßgabe der Art. 101 ff. UZK eine Festsetzung der Abgaben durch Zollbescheid durch die Zollbehörde (= Mitteilung, Art. 102 UZK). § 220 Abs. 2 AO, der eine Fälligkeit bei Entstehen des Steueranspruchs vorsieht, ist damit für Zölle und Einfuhrabgaben gegenstandslos.
Rz. 1540.1
Soll bei Einfuhrdelikten die beabsichtigte Steuerverkürzung durch Abgabe inhaltlich falscher Anmeldungen bei der zollamtlichen Abfertigung bewirkt werden, so beginnt der Versuch nicht schon mit der Annäherung an die Grenze, sondern erst mit der Abgabe bzw. Vorlage der wahrheitswidrigen – weil unvollständigen – Zollanmeldung (s. auch Rz. 701, 704).
Rz. 1540.2
Werden bei einer Grenzkontrolle pflichtwidrig nicht angegebene Waren entdeckt (in casu unverzollte und unversteuerte Zigaretten nach mühevoller Überprüfung des Fahrzeugs), so kommt nur ein Versuch in Betracht, da die Einfuhrabgaben noch rechtzeitig festgesetzt werden können.
Rz. 1540.3
Vollendet ist die Tat in dem Zeitpunkt, in dem bei steuerehrlichem Verhalten die Einfuhrabgaben durch Mitteilung gem. Art. 102 UZK festgesetzt worden wären, d.h. alsbald nach Abgabe der Zollanmeldung, unabhängig davon, ob dies durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten geschieht. Dieser Zeitpunkt ist nach Ansicht des OLG Dresden beim Reiseverkehr an der Grenze nicht erst am Ende des betreffenden Tages, sondern bereits dann eingetreten, wenn der Täter die Kontrollstelle an der Grenze in Richtung Inland verlässt; entscheidend dafür sei der Umstand, dass im Reiseverkehr die Bearbeitung in fester Reihenfolge entsprechend dem Eintreffen des Reisenden erfolge. Werden dagegen die geschmuggelten Gegenstände bei einer Überholung noch am Grenzzollamt aufgefunden, werden die Einfuhrabgaben praktisch im selben Zeitpunkt erhoben, in dem dies auch bei steuerehrlichem Verhalten geschehen wäre. Deshalb liegt in diesem Fall nur ein Versuch vor.
Rz. 1540.4
Im Falle des Schmuggels über die grüne Grenze fallen der Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld (Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK) und die Steuerverkürzung zusammen.
Rz. 1540.5
Wenn Zollvorschriften die unverzügliche Anzeige der Entstehung einer Abgabenschuld innerhalb bestimmter Fristen vorschreiben, so ist der Zeitpunkt entscheidend, in dem die Zollstelle ansonsten die Abgaben festgesetzt hätte, spätestens also, sofern nicht besondere Vorschriften der buchmäßigen Erfassung und Mitteilung bestehen, einige Tage nach Ablauf der Frist (vgl. Art. 79 UZK).
Rz. 1541
Tatvollendung tritt auch ein durch Entziehen einfuhrabgabepflichtiger Waren aus zollamtlicher Überwachung i.S.v. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK. Darunter ist jede Handlung oder Unterlassung zu verstehen, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird.
Zur Tatvollendung bei der Verbrauchsteuerhinterziehung s. Rz. 1547.