Rz. 1033

[Autor/Stand] Bleiben im Hinblick auf das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO (s. Rz. 506 ff.) Ermäßigungsgründe außer Betracht, so sind die Steuerbeträge, die auf nachträglich geltend gemachte Ermäßigungsgründe oder Steuervorteile entfallen, strafmildernd zu berücksichtigen, denn das Kompensationsverbot gilt nicht auf Ebene der Strafzumessung[2]. Unter dem Gesichtspunkt der verschuldeten Auswirkungen der Tat müssen diese Beträge Eingang in die Strafzumessung finden[3].

 

Rz. 1034

[Autor/Stand] Mit Urteil vom 13.9.2018 hat der BGH seine bisherige Rspr. geändert und entschieden, dass Vorsteuern bei der Ermittlung des Verkürzungsumfangs unmittelbar mindernd angesetzt werden können, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsumsatz besteht. Bisher hatte die Rspr. einen derartigen wirtschaftlichen Zusammenhang nur für Werbungskosten im Ertragsteuerrecht angenommen, die mit den steuerbegründenden Geschäften in unmittelbarem Zusammenhang standen. Im Rahmen dieser Änderung der Rspr. des BGH zum Kompensationsverbot führt er auch aus, dass bei einer Verletzung von Aufzeichnungspflichten aus § 25a Abs. 6 UStG eine Schätzung der Höhe der Differenz in Betracht kommt, "da jedenfalls im Rahmen der Strafzumessung die verschuldeten Auswirkungen der Tat zu berücksichtigen sind".[5] Ebenso ist eine Schätzung und Berücksichtigung der Vorsteuern zulässig, wenn keine ordnungsgemäße Rechnung i.S.d. §§ 14, 15 UStG vorliegt.[6] Eine strafmildernde Berücksichtigung von Vorsteuern scheidet jedoch aus, wenn sich nach den tatsächlichen Umständen ergibt, dass überhaupt keine Eingangsrechnungen mit gesondert ausgewiesener Vorsteuer vorlagen, sowie in den Fällen, in denen der Unternehmer bei unversteuerten Ausgangsumsätzen in Bezug auf die empfangenen Eingangsleistungen bösgläubig ist.[7]

 

Rz. 1035

[Autor/Stand] Betriebsausgaben und Werbungskosten, die absetzbar gewesen wären, aber im Rahmen des Kompensationsverbots nicht berücksichtigt werden dürfen, sind ebenfalls bei der Strafzumessung strafmildernd zu berücksichtigen[9].

 

Rz. 1036– 1049

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[2] BGH v. 5.2.2004 – 5 StR 420/03, NStZ 2004, 579; Spatscheck/Wimmer, DStR 2019, 777 (778).
[3] BGH v. 18.4.1978 – 5 StR 692/77, DB 1979, 142; BGH v. 11.7.2002 – 5 StR 516/01, BGHSt 47, 343 = UR 2002, 465 m. Anm. Widmann; BGH v. 5.2.2004 – 5 StR 420/03, wistra 2004, 147 (149); Ganter in Graf/Jäger/Wittig2, § 46 StGB Rz. 20; Ibold in BeckOK/AO9, § 370 AO Rz. 373; Jäger in Klein14, § 370 AO Rz. 331; Rolletschke, NZWiSt 2012, 18 (21).
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[5] BGH v. 13.9.2018 – 1 StR 642/17, UR 2019, 148 m. Anm. Hartman = ZWH 2019, 162 m. Anm. Winkel/Handzik = NJW 2019, 165 (165).
[6] BGH v. 12.1.2005 – 5 StR 301/04, wistra 2005, 144 (145); Madauß, NZWiSt 2019, 101 (103).
[7] Madauß, NZWiSt 2019, 101 (103).
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019
[9] BGH v. 11.11.1987 – 3 StR 445/87, wistra 1988, 109: Berücksichtigung von Aufwendungen für den Kauf medizinischer Geräte als Betriebsausgaben, auch wenn darüber keine Rechnungen oder Belege existieren; BGH v. 12.9.1990 – 3 StR 188/90, HFR 1991, 496: Scheinrechnungen, die tatsächliche Betriebsausgaben abbilden, können strafmildernd berücksichtigt werden; Ganter in Graf/Jäger/Wittig2, § 46 StGB Rz. 20.
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2019

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