Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
Aue, Strafrechtliche Risiken bei der Anpassung von Einkommensteuervorauszahlungen, PStR 2010, 263; Bansemer, Steuerhinterziehung im Beitreibungsverfahren, wistra 1994, 327; Bruschke, Der Verspätungszuschlag als Druckmittel besonderer Art, DStR 2009, 1791; Ebner, Steuerstrafrechtliche Bagatell-Entkriminalisierungstatbestände unter besonderer Berücksichtigung des reformierten Schmuggelprivilegs, DStR 2018, 2559; Ehlers, Zum Begriff der Steuerverkürzung – Versuch einer Entwirrung, FR 1958, 455; Franzen, Zur schuldgerechten Aufteilung der Steuerverkürzung (§§ 396, 402 AO), DStR 1964, 380; Joecks, Steuerliche Schätzungen im Strafverfahren, wistra 1990, 52; Kahlen, Die "Vorteilserschleichung" im Beitreibungsverfahren, PStR 1999, 162; Kirchhof, Der bestandskräftige Steuerbescheid im Steuerverfahren und im Steuerstrafverfahren, NJW 1985, 2977; Kohlmann, Steuerstrafrecht in der Bewährung, wistra 1982, 2; Rolletschke, Steuerhinterziehung bei Schätzung eines steuerlich geführten Steuerpflichtigen (Veranlagungssteuer), DStZ 2001, 671; Schleeh, Der tatbestandsmäßige Erfolg der Steuerverkürzung von Einnahmen, FR 1971, 118; Schleeh, Rechtsgut und Handlungsobjekt beim Tatbestand der Steuerverkürzung, NJW 1971, 739; Schmitz, Unrecht und Zeit, 2001; Schmitz, Versuchsbeginn, Vollendung und Beginn der Verfolgungsverjährung bei ausgebliebener Steuerfestsetzung, in FS Kohlmann, 2003, S. 517; Suhr, Rechtsgut der Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung im Festsetzungsverfahren, 1989; Weidemann, Vorbereitungshandlungen und Versuch bei der Tabaksteuerhinterziehung, wistra 2009, 174; Weidemann, Anm. zu BGH v. 4.12.2008, wistra 2009, 354; Weidemann, Anm. BGH v. 17.3.2009, wistra 2009, 440; Welzel, Irrtumsfragen im Steuerstrafrecht, NJW 1953, 486; Witte, Gibt es eine Steuerhinterziehung nach einer vollendeten Steuerhinterziehung?, Diss. Kiel 2003.
Rz. 370
Die Steuerhinterziehung ist ein Erfolgsdelikt (s. Rz. 57 f.). Durch die in § 370 Abs. 1 Nr. 1–3 AO bezeichneten Tathandlungen müssen "Steuern verkürzt" oder "nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt" worden sein (§ 370 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 und 2 AO). Tritt ein solcher Erfolg nicht ein, obwohl der Täter ihn herbeiführen will, kommt nur eine Bestrafung nach den Grundsätzen des Versuchs in Betracht (s. dazu Rz. 690 ff.). Zwischen Tathandlung und Taterfolg muss ein Kausal- und Zurechnungszusammenhang bestehen (s. Rz. 570 ff.).
Der Eintritt des Hinterziehungserfolgs ist von Bedeutung
Rz. 371
Die Abgrenzung der Steuerverkürzung von der Vorteilserlangung ist nach wie vor umstritten. Das Meinungsspektrum reicht von der Annahme, die Steuerverkürzung sei als Grundtatbestand anzusehen, da Steuervorteile nur besondere, nicht schon die durch jede Verkürzung erlangten Vorteile seien, der Auffassung, ein Steuervorteil sei eine von der FinB als Ausnahme von der "Normalsteuer" eigens bewilligte Vergünstigung, über eine Differenzierung nach Verfahrensstadien – Steuerverkürzung im Festsetzungsverfahren (§§ 155 ff. AO), Steuervorteil im Erhebungs- (§§ 218 ff. AO) und Beitreibungsverfahren (§§ 249 ff. AO) – bis hin zu der Ansicht, dass in jeder Steuerverkürzung gleichzeitig ein Fall des ungerechtfertigten Steuervorteils liege, was auch umgekehrt gelte. Überlegt wird auch, ob eine Abgrenzung danach möglich ist, dass durch die Tathandlung entweder ein bestehender Steueranspruch beeinträchtigt wird (Steuerverkürzung) oder nicht (Steuervorteil) bzw. ob die Taterfolgsalternativen nach der Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung unterschieden werden können (Steuerverkürzung als Gefährdungserfolg; Vorteilserlangung als Verletzungserfolg).
Rz. 372
Für die Ansicht, dass in jeder Steuerverkürzung gleichzeitig ein Fall des ungerechtfertigten Steuervorteils liegt, spricht, dass jeder Verkürzung von Steuereinnahmen im Ergebnis ein Steuervorteil des Stpfl. durch die Minderung seiner Steuerzahlungspflicht gegenübersteht. Das Gesetz stellt beide Erfolgsvarianten zudem gleichberechtigt nebeneinander; ihr gemeinsamer Nenner ist die Gefährdung des staatlichen Steueranspruchs (s. Rz. 57 f.). Parallel dazu ist ein Vermögensschaden i.S.d. §§ 263, 266 StGB sowohl dann zu bejahen, wenn das Vermögen des Opfers durch den Abfluss von Werten gemindert wird, als auch, wenn es nicht vermehrt wird. Die Abgrenzung ist deshalb letztlich ohne Belang. Aus der bloßen begrifflichen Einordnung als Verkürzung oder Vorteilserlangung allein dürfen sich keine Folgerungen für die Abgrenzung von Versuch und Vollendung bzw. den strafrechtlichen Verjährungsbeginn ergeben. Diese Abgrenzung muss vielmehr aus der Betroffenheit des (einheitlichen) Rechtsguts folgen. Auch für die Abgrenzung zu § 263 StGB bedarf es keiner Differenzierun...