Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum
Küper, Probleme der Hehlerei bei ungewisser Vortatbeteiligung, 1989; Maaßen, Wahlfeststellung im Steuerstrafrecht, FR 1955, 108; Ritter, Die Wahlfeststellung im Steuerstrafverfahren, ZfZ 1954, 135.
Rz. 920
Ergibt sich nach Ausschöpfung aller Beweis- und Erkenntnismittel (§ 244 Abs. 2 StPO), dass zwar nicht der Nachweis einer bestimmten Tat erbracht werden kann, jedoch sicher feststeht, dass von zwei (oder mehreren) in Betracht kommenden Straftaten der Angeklagte notwendig eine begangen haben muss, kommt eine Wahlfeststellung in Betracht. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG sind unbegründet. Bleibt hingegen unklar, ob der Angeklagte überhaupt einen Straftatbestand erfüllt hat, ist eine Wahlfeststellung unzulässig. Eine wahldeutige Verurteilung ist ebenfalls unzulässig, wenn die infrage kommenden Tatbestände in einem Stufenverhältnis zueinander stehen, was insb. für das Verhältnis der vorsätzlichen zur leichtfertigen Steuerhinterziehung Bedeutung hat (s. § 378 Rz. 7). Das Gleiche gilt für das Verhältnis von Beihilfe zur Mittäterschaft, das Vorliegen von Versuch oder Vollendung und von Begünstigung oder Beihilfe. Dann hat der Grundsatz in dubio pro reo Vorrang. Weil der Täter bei einer Wahlfeststellung wegen Begehung des einen oder des anderen Tatbestands verurteilt wird, müssen die Verhaltensweisen rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sein. Die betroffenen Rechtsgüter der infrage kommenden Tatbestände müssen also wenigstens ähnlich sein.
Rz. 921
Davon zu unterscheiden ist die sog. Postpendenzfeststellung, bei der unsicher ist, ob von zwei tatbestandsrelevanten Sachverhalten der zeitlich frühere tatsächlich vorliegt, während der spätere sicher gegeben ist. Die umgekehrte Konstellation wird als Präpendenz bezeichnet. Hier liegt nur eine einseitige Sachverhaltsunsicherheit vor. Nach der Rspr. ist etwa nur wegen Hehlerei (§ 259 StGB) zu bestrafen, wer in Kenntnis der strafbaren Herkunft die Beute aus einem Vermögensdelikt erlangt, obwohl ungewiss bleibt, ob der Täter an der Vortat als Mittäter beteiligt war. Es wird also nach der (tatsächlich) sicher gegebenen Sachverhaltsvariante wegen Hehlerei verurteilt, obwohl wegen der unklaren Vortatbeteiligung nicht sicher ist, dass sich die Hehlereihandlung auf einen Gegenstand bezieht, die ein anderer durch eine Straftat erlangt hatte. Im Verhältnis des § 370 AO zur Steuerhehlerei nach § 374 AO stellen sich vergleichbare Probleme nicht, da § 374 AO nicht voraussetzt, dass ein anderer Verbrauchsteuern, Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzogen hat (s. aber § 374 Rz. 70). Gleiches gilt für die Geldwäsche nach § 261 StGB im Verhältnis zu § 370 AO.
Rz. 922
In folgenden Fällen hat die Rspr. die Wahlfeststellung im steuerstrafrechtlichen Kontext anerkannt:
- Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei;
- gewerbsmäßiger Steuerhehlerei (§§ 374, 373 AO) und Steuerhinterziehung;
- Monopolhinterziehung und Monopolhehlerei.
Rz. 923– 1004
Einstweilen frei.