a) Gegen die Steuerfestsetzung
Rz. 389
Die Selbstanzeige ist mit einem nachfolgenden Steuerstreit vereinbar. Das kann zu einem Rechtsbehelfsverfahren über die (Höhe der) Steuerpflicht führen. Soweit der Täter Einwendungen gegen die Festsetzung der verkürzten Steuern erhebt, stehen ihm die Rechtsmittel des Besteuerungsverfahrens zur Verfügung. Wird vom Stpfl. Einspruch (vgl. § 347 AO) eingelegt und dieser abschlägig beschieden, ist die Klage vor dem FG (vgl. § 33 FGO) gegeben.
Rz. 390
Dabei gilt es zu beachten, dass derartige Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben (vgl. § 361 Abs. 1 AO), die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids damit nicht hemmen. Erst recht hemmt der gegen die Steuerfestsetzung eingelegte Rechtsbehelf nicht die strafrechtliche Frist i.S.d. § 371 Abs. 3 AO (s. näher Rz. 384 ff.). Wer sich seiner Sache nicht absolut sicher ist, sollte deshalb, um das Risiko des Fristablaufs zu vermeiden, in jedem Fall die ihm gesetzte Zahlungsfrist einhalten oder rechtzeitig eine Verlängerung erwirken. Meines Erachtens kann dieses Ersuchen mit einem parallel gestellten – und substantiiert begründeten – Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO bei der FinB (ggf. gem. § 69 Abs. 3 FGO beim FG) flankiert werden. Sinnvoll ist dies bei offensichtlich bestehenden ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung. In diesem Fall kann eine Verlängerung der Nachzahlungsfrist bis zur Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung geboten sein (s. Rz. 384 ff.).
b) Gegen die Fristsetzung
Rz. 391
Ein eigenes Rechtsmittel gegen die Fristsetzung gem. § 371 Abs. 3 AO sieht das Gesetz nicht vor. Nach einhelliger Ansicht wird aber mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ein Rechtsmittel gegen die Fristsetzung für gegeben erachtet.
Umstritten ist nur, ob die Fristsetzung mit einem eigenen und wenn ja, mit welchem Rechtsbehelf und auf welchem Rechtsweg angefochten werden kann.
Rz. 392
Die (entsprechende) Anwendung der vorbezeichneten steuerlichen Rechtsbehelfe ist gem. § 347 Abs. 2 Satz 2 AO und § 33 Abs. 2 Satz 2 FGO für das Straf- und Bußgeldverfahren, und hierzu zählt die Fristbestimmung nach § 371 Abs. 3 AO als strafprozessuale Maßnahme (s. Rz. 348 f.), ausdrücklich ausgeschlossen. Die Ansicht, die die Fristsetzung als eine Abgabenangelegenheit betrachtet und damit den Einspruch und die Klageerhebung beim FG für einschlägig erachtet, ist angesichts des eindeutig strafverfahrensrechtlichen Charakters der Maßnahme abzulehnen.
Damit scheidet auch der Finanzrechtsweg gegen Maßnahmen der FinB bei der Behandlung von Selbstanzeigen aus.
Rz. 393
Mit der h.M. ist vielmehr bei Rechtsmitteln gegen die Fristsetzung gem. § 371 Abs. 3 AO immer der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Übereinstimmend wird der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG vor dem OLG abgelehnt, da die Fristsetzung kein "Justizverwaltungsakt", sondern eine strafprozessuale Maßnahme sei.
Umstritten ist allerdings, ob ein Rechtsmittel überhaupt gegeben ist, solange ein Strafverfahren noch nicht eröffnet ist.
Rz. 394
Eine Ansicht hält eine Überprüfung der Angemessenheit der Fristsetzung erst nach Ablauf der Frist und Nichtzahlung allein im anschließenden Strafverfahren für zulässig; die Überprüfung in der Hauptverhandlung und die Möglichkeit der gerichtlichen Festsetzung sei ausreichend. In der Tat bedarf es keines besonderen Rechtsbehelfs, wenn bereits ein Strafverfahren vor Gericht anhängig ist, in dem die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Selbstanzeige gerichtlich nachgeprüft werden können.
Rz. 395
Zutreffender Ansicht nach ist aber bereits im Vorfeld des gerichtlichen Hauptverfahrens die Fristsetzung gem. § 371 Abs. 3 AO selbständig anfechtbar. Zur Überprüfung der Angemessenheit der durch die BuStra festgesetzten Frist kann der Betroffene einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung analog § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO stellen. Gegen richterliche Entscheidungen – insb. auf einen Antrag gem. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO hin ergangene – steht ihm das Rechtsmittel der Beschwerde gem. §§ 304 ff. StPO i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG zur Verfügung. Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist nicht der Ermittlungsrichter beim AG (vgl. § 162 StPO), sondern das Gericht der Hauptsache, regelmäßig das AG. Auch der Rechtsgedanke des § 305 StPO steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Fristsetzung nicht um eine Maßnahme des die gerichtliche Entscheidung vorbereitenden Ermittlungsverfahrens handelt. Hierfür sprechen insb. auch verfahrensökonomische Gründe, denn die vorzeitige Klärung macht eine nachträgliche Überprüfung erst im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung eines von der FinB beantragten Strafbefehls oder über die Zulassung der Anklage überflüssig.