Rz. 168
Die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung mit korrekten Umsatzzahlen wirkt auch ohne Nachreichung der unterlassenen oder berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen insoweit als strafbefreiende Selbstanzeige. Bereits nach der bis zum 31.12.2014 geltenden Rechtslage entsprach dies allgemeiner Ansicht und war auch durch die Finanzverwaltung anerkannt. In Nr. 132 Abs. 2 Satz 4 AStBV (St) 2014 ist klargestellt, dass es für die Wirksamkeit der Selbstanzeige keiner gesonderten Korrektur der einzelnen Voranmeldungszeiträume bedarf. Hieran hat sich auch durch die gesetzliche Neuregelung zum 1.1.2015 nichts geändert. Eine exakte Zurechnung zu den einzelnen Voranmeldungszeiträumen ist daher entbehrlich.
Damit liegt eine wirksame Selbstanzeige vor, wenn vor Tatentdeckung (§ 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO), die i.d.R. nicht gegeben sein wird, die Umsatzsteuerjahreserklärung für den Besteuerungszeitraum die Umsätze und die Jahresumsatzsteuer in zutreffender Höhe ausweist, ohne dass es einer besonderen Aufschlüsselung auf die einzelnen Voranmeldungszeiträume oder der Nachreichung der Umsatzsteuervoranmeldung bedarf.
Werden falsche Umsatzvoranmeldungen durch eine Umsatzsteuerjahreserklärung berichtigt, wobei der nachgemeldete Betrag die 25.000-Euro-Grenze des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO übersteigt, soll eine Nachfrage beim Stpfl. erforderlich sein, wie sich der Nachzahlungsbetrag auf die einzelnen Voranmeldungszeiträume verteilt. Dies soll nach Ansicht der Finanzverwaltung offensichtlich erforderlich sein, um festzustellen, für welche Taten/Voranmeldungszeiträume ein Geldbetrag nach § 398a AO zu zahlen ist. Eine gleichmäßige Verteilung auf zwölf Monate könne zu unzutreffenden Ergebnissen führen und dürfe daher nicht vorgenommen werden.
Rz. 169
Diese Rechtsansicht der Finanzverwaltung führt zu der Frage, ob die Berichtigung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen durch Abgabe einer richtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für nach dem 31.12.2014 abgegebene Selbstanzeigen noch empfehlenswert ist. Während § 371 Abs. 2a Satz 1 AO die Anwendbarkeit der § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 398a AO ausschließt, soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung begangen worden ist, gilt dies nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen (§ 371 Abs. 2a Satz 3 AO). Insoweit ist fraglich, ob eine Berichtigung von Voranmeldungen durch Abgabe einer richtigen Umsatzsteuerjahreserklärung einen Geldbetrag nach § 398a AO auszulösen vermag. Diese Ansicht scheint die Finanzverwaltung zu vertreten.
Soweit unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen zu korrigieren sind, muss die Ausnahme von § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO richtigerweise jedoch unabhängig davon gelten, ob die Korrektur durch die Abgabe einer richtigen Jahreserklärung oder berichtigter Voranmeldungen erfolgt. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 371 Abs. 2a Satz 1 AO knüpft der Ausschluss der § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 398a AO nicht an die Korrekturhandlung, sondern allein an die Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung an.
Rz. 170
Enthält die Umsatzsteuerjahreserklärung hingegen keine vollständige Korrektur der Voranmeldungen, ist auch die Umsatzsteuerjahreserklärung objektiv unrichtig. Eine spätere (weitere) Korrektur kann daher (im Fall der Steuerhinterziehung) als Selbstanzeige zu werten sein. In diesem Fall wären die § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 398a AO gem. § 371 Abs. 2a Satz 3 AO anwendbar. Dies kann vermieden werden, wenn die Korrekturen durch Berichtigungen der Voranmeldungen erfolgen.
Rz. 171
In der Praxis ist daher zu empfehlen, wenn die Erklärungsfrist dies zulässt und noch keine Jahreserklärung abgegeben wurde, Korrekturen nicht über die Jahreserklärung vorzunehmen, sondern (jeweils) berichtigte Voranmeldungen abzugeben. Dies lässt zum einen mehrfache Korrekturen zu und zum anderen kann die Zahlung eines etwaigen Geldbetrags nach § 398a AO vermieden werden.