Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 72
Entgegen der Regel, dass beim Tätigkeitsdelikt Vollendung und Beendigung der Tat zusammenfallen, können beim Bannbruch als zeitlich und räumlich gestrecktem Delikt durchaus Tatvollendung und Beendigung auseinanderfallen. Für die Tatbeendigung ist nicht erforderlich, dass der grenznahe Raum i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 ZollVG verlassen worden ist. Nach st. Rspr. lässt sich die Frage, wann ein Bannbruch beendet ist, nur im Grundsatz einheitlich beantworten: "Beendigung tritt ein, wenn die Bannware an ihren endgültigen Bestimmungsort gelangt und dort zur Ruhe gekommen ist". Das ist bei Umladung der Ware in ein "Zwischenlager" noch nicht der Fall, es sei denn, sie soll dort geraume Zeit gelagert werden und die Weiterbeförderung hängt von weiteren Entscheidungen ab.
Rz. 73
Die Frage der Beendigung ist von Bedeutung für die Möglichkeit einer Teilnahme an der Tat (vgl. dazu Rz. 79, 83), die Zurechnung der besonderen persönlichen Merkmale i.S.d. § 28 Abs. 2 StGB, insbesondere also bei gewerbs- oder bandenmäßiger oder bewaffneter Begehung gem. §§ 373, 374 AO (s. dazu auch § 373 Rz. 64, 72, 76 ff., 94 ff.), die Möglichkeit der Einziehung (vgl. auch die Erl. zu § 375 AO) und den Beginn der Verfolgungsverjährung (s. Rz. 75 und § 376 Rz. 101).
Rz. 74
Wann das geschmuggelte Gut im Sinne der o.g. Formel in Sicherheit gebracht bzw. zur Ruhe gekommen ist, beurteilt sich weniger danach, ob die Bannware über die grüne Grenze gebracht oder der Zollstelle vorgeführt wird, zumal nach Wegfall der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der EU dort eine Anzeige bzw. Gestellung nicht mehr für die Tatbestandserfüllung obligatorisch ist. Vielmehr ist, unabhängig davon, wie der Täter die Ware in das Banngebiet verbringt, generell darauf abzustellen, ob das Schmuggelgut den schützenden Ort seiner Bestimmung erreicht hat und damit der unmittelbaren Gefahr des behördlichen Zugriffs entzogen ist.
Dieser Grundsatz ist um so mehr von Bedeutung, als nach dem ZollVG Anhalte-, Prüfungs-, Durchsuchungs- und Sicherstellungsrechte der Zollverwaltung vorgesehen sind (§§ 10, 12a ff., §§ 14, 15 ZollVG), die nach dem Wegfall der Grenzkontrollen (neben dem Schutz des Abgabenaufkommens) auch zur Vermeidung von Sicherheitsdefiziten im Bereich der Ein-, Aus- und Durchfuhrverbote unablässig sind. Zollamtliche Kontrollmöglichkeiten sind dabei nicht nur auf den grenznahen Raum beschränkt, sondern, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für verbotswidrige Warentransporte vorliegen, auch außerhalb der Zollgrenzbereiche im gesamten Bundesgebiet möglich (vgl. § 10 Abs. 2 ZollVG). Zu diesem Zweck werden Mobile Kontrollgruppen (MKG) eingesetzt. Zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität wurden zudem Gemeinsame Ermittlungsgruppen (GER) aus Zoll und Polizei gebildet. Bei der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs (vgl. §§ 12a f. ZollVG) sind gemeinsame Finanzermittlungsgruppen (oder Clearingstellen) aus Zoll und Polizei zwecks Bekämpfung der internationalen Geldwäsche geschaffen worden (s. Rz. 19 und § 397 Rz. 34 ff. m.w.N.).
Rz. 75
Die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung beträgt fünf Jahre (§ 369 Abs. 2 AO i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Sie beginnt gem. § 78a Satz 1 StGB, sobald die Tat – wie vorstehend in Rz. 72, 74 beschrieben – beendet ist.
Rz. 75.1
Die besondere Strafverfolgungsverjährungsfrist gem. § 376 Abs. 1 und 3 AO (15 Jahre) ist nicht anwendbar auf den Bannbruch, da § 376 AO ausdrücklich und ausschließlich auf § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1–6 AO verweist. Das gilt selbst dann, wenn bei der verbotswidrigen Verbringung Zoll, Verbrauchsteuern oder Einfuhrumsatzsteuer (Einfuhrabgaben) in einem besonders schweren Fall hinterzogen werden. Dann gilt die längere Verjährungsfrist nur für die besonders schwere Steuerhinterziehung; für den Bannbruch verbleibt es bei der fünfjährigen Verjährungsfrist gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB.