Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
a) Zahl und Mitgliedschaft
Rz. 76
Eine Bande setzt seit der Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH vom 22.3.2001 zum Bandendiebstahl den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus. Diese müssen sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen. Aufgegeben werden die bislang geltenden strengen Anforderungen an die Art und Weise der Mitwirkung der Bandenmitglieder. Näheres s. Rz. 86 ff.
Rz. 77
Damit scheiden Ehegatten als Bande aus. Familienangehörige können eine Bande im Sinne dieser Vorschrift bilden, wobei jedoch die gemeinsame Begehung von Schmuggeltaten allein nicht bereits den bandenmäßigen Zusammenschluss begründet. Vielmehr muss über die familiäre Beziehung hinaus ein "übergeordneter" Gesamtwille bestehen.
Rz. 78
Strafrechtliche Verantwortlichkeit sämtlicher Bandenmitglieder ist nicht erforderlich, eine Bande kann auch aus zum Teil Heranwachsenden, Jugendlichen oder sogar Strafunmündigen bestehen.
Rz. 79
Besondere Anforderungen an die Qualifikation als Bandenmitglied der Beteiligten werden nicht gestellt. Mitglied einer Bande kann jede Person sein, die an der bandenmäßigen Verbindung mit dem Willen beteiligt ist, in irgendeiner Form – und sei es auch nur im Vorbereitungsstadium – an der fortgesetzten Begehung von Schmuggeltaten mitzuwirken. Auch derjenige, der nur mit Gehilfenvorsatz den Schmuggel fördern will, kann deshalb Mitglied einer Bande sein (s. Rz. 100); nicht aber der Beteiligte, der sich darauf beschränkt, andere zur fortgesetzten Begehung von Schmuggeltaten anzustiften, wohl aber der sich im Hintergrund haltende Bandenchef (s. Rz. 95 ff.). Der Zusammenschluss "zur fortgesetzten Begehung" setzt nämlich nicht voraus, dass sämtliche Bandenmitglieder den Vorsatz haben, das Schmuggelunternehmen durch "örtliches, zeitliches und körperliches Zusammenwirken" am Tatort zu unterstützen.
Rz. 80
Fraglich ist, ob auch Zollbeamte Mitglied einer Bande sein können. Aus dem Schutzzweck der Norm (s. Rz. 11) ergibt sich, dass sich die bandenmäßige Verbindung gerade gegen die Zollbeamten richten muss. Deshalb kann der Grenzbeamte, der den Schmuggel verabredungsgemäß z.B. durch Nichteingreifen, Nichtanzeigen oder sonstige Unterlassungen unterstützt, jedenfalls dann nicht Bandenmitglied sein, wenn sich keine weiteren Zollbeamten am Tatort befinden. In diesen Fällen fehlt es an der erforderlichen Gefährlichkeit der Tat für einen diensttuenden Zollbeamten. Sofern durch das Mitwirken eines Zollbeamten andere Beamte gefährdet werden können, kommen auch die am Schmuggel beteiligten Beamten als Bandenmitglieder in Betracht.
b) Zweck der "Verbindung"
Rz. 81
Die Mitglieder der Bande müssen sich "zur fortgesetzten Begehung" der Grunddelikte (Einfuhrabgabenhinterziehung oder Bannbruch) verbunden haben.
Die Vereinbarung, eine solche Tat gemeinsam auszuführen, braucht nicht ausdrücklich getroffen zu werden, es genügt auch ein stillschweigendes Übereinkommen, das aus den Umständen gefolgert werden kann. An den Nachweis einer losen Übereinkunft sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Die Vereinbarung braucht der Tatausführung nicht voranzugehen, sie kann auch erst während der Tatbegehung zustande kommen.
Rz. 82
Die Bandenmitglieder müssen sich zur fortgesetzten Begehung mehrerer selbständiger, im Einzelnen noch ungewisser Taten zusammengeschlossen haben. "Fortgesetzt" bedeutet – anders als bei § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO (s. § 370 Rz. 1120) – nicht, dass schon mindestens zweimal geschmuggelt worden ist, sondern es genügt bereits die Verwirklichung einer Tat, wenn diese in Wiederholungsabsicht durch eine lose, jedoch auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung zur Durchführung selbständiger, im Einzelnen noch ungewisser Schmuggelunternehmen begangen wurde.
Rz. 83
Der Zusammenschluss zur fortgesetzten Begehung muss – über eine kurzfristige Verabredung hinaus – auf eine gewisse Dauer angelegt sein; eine nur kurzfristige Verbindung, etwa für wenige Stunden, genügt nicht. Das ist z.B. bei Mitgliedern einer Reisegruppe, die bei der Wiedereinreise gemeinschaftlich Waren einschmuggeln wollen, nicht der Fall.
Rz. 84
Eine Verbindung zur fortgesetzten Begehung setzt – anders als etwa bei einer kriminellen Vereinigung i.S.v. § 129 StGB – weder eine Verpflichtung der Mitglieder zur Begehung der Delikte noch die Bildung einer "festgefügten Organisation" voraus. Ein in diesem Sinne "verbindlicher Gesamtwille" oder ein "Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse" ist nach der Rspr. nicht (mehr) erforderlich (s. auch Rz. 164).
Rz. 85
Besteht eine bandenmäßige Verbindung in dem zuvor erläuterten Sinn, so erfüllt bereits die erste gemeinschaftlich begangene Schmuggeltat den Tatbestand des § 373 Abs. 2 Nr. 3 AO, ohne dass es zu weiteren Taten kommen muss