Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
Bender, Bandenschmuggel – ein hochaktuelles Fossil, ZfZ 2000, 259; Burger, Die Einführung der gewerbs- und bandenmäßigen Steuerhinterziehung sowie aktuelle Änderungen im Bereich der Geldwäsche, wistra 2002, 146; Ellbogen, Zu den Voraussetzungen des täterschaftlichen Bandendiebstahls, wistra 2002, 8; Erb, Die Neuinterpretation des Bandenbegriffs und das Mitwirkungserfordernis beim Bandendiebstahl, NStZ 2001, 561; Erb, Mitglied einer Bande, JR 2002, 338; Gaede, Auch der Gehilfe kann Bandenmitglied sein, StV 2003, 78; Leipold/Schmidt, Die Bande im Strafrecht, NJW Spezial 2005, 423; Lenkewitz, Der Bandenschmuggel in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, ZfZ 1955, 166; Rath, Bandenmitgliedschaft durch Zusage späterer Gehilfentätigkeit?, GA 2003, 823; Schild, Der strafdogmatische Begriff der Bande, GA 1982, 55; Sya, Der Bandenbegriff im Wandel, NJW 2001, 343; Wassmann, Die bandenmäßige Steuerhinterziehung nach § 373 Abs. 2 Nr. 2 AO, ZfZ 2001, 31 und 141; von Wedelstädt, Neuerungen und Änderungen im Umkreis der Abgabenordnung, DB 2008, 16.
1. Organisierte Kriminalität
Rz. 75
Die Auslegung dieses Qualifikationstatbestands wird entscheidend durch den Schutzgedanken bestimmt, der dieser Vorschrift zugrunde liegt. Aus der Historie bedingt war der Tatbestand des Bandenschmuggels zugeschnitten auf die Bekämpfung von Schmugglerbanden, die Waren über die grüne Grenze einschwärzten und sich Gefechte mit Zöllnern lieferten. Damit wurde § 373 Abs. 2 Nr. 3 AO a.F. (s. Rz. 7) dem modernen Intelligenzschmuggel mit organisierter Zusammenarbeit von ausländischen Lieferern, zwischengeschalteten Scheinfirmen und inländischen Einführern, also klassischen Fällen der Organisierten Kriminalität, nicht mehr gerecht, denn typisch dafür ist die arbeitsteilige Vorgehensweise, ohne dass die Beteiligten gemeinschaftlich auftreten.
Bei der seit 1.1.2008 geltenden Fassung des § 373 Abs. 2 Nr. 4 AO wurde daher auf das Merkmal des Zusammenwirkens verzichtet (s. Rz. 87) und auch das Strafmaß erhöht, um eine angemessene Bestrafung der Beteiligten sicherzustellen (s. Rz. 121).
2. "Bande"
a) Zahl und Mitgliedschaft
Rz. 76
Eine Bande setzt seit der Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH vom 22.3.2001 zum Bandendiebstahl den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus. Diese müssen sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen. Aufgegeben werden die bislang geltenden strengen Anforderungen an die Art und Weise der Mitwirkung der Bandenmitglieder. Näheres s. Rz. 86 ff.
Rz. 77
Damit scheiden Ehegatten als Bande aus. Familienangehörige können eine Bande im Sinne dieser Vorschrift bilden, wobei jedoch die gemeinsame Begehung von Schmuggeltaten allein nicht bereits den bandenmäßigen Zusammenschluss begründet. Vielmehr muss über die familiäre Beziehung hinaus ein "übergeordneter" Gesamtwille bestehen.
Rz. 78
Strafrechtliche Verantwortlichkeit sämtlicher Bandenmitglieder ist nicht erforderlich, eine Bande kann auch aus zum Teil Heranwachsenden, Jugendlichen oder sogar Strafunmündigen bestehen.
Rz. 79
Besondere Anforderungen an die Qualifikation als Bandenmitglied der Beteiligten werden nicht gestellt. Mitglied einer Bande kann jede Person sein, die an der bandenmäßigen Verbindung mit dem Willen beteiligt ist, in irgendeiner Form – und sei es auch nur im Vorbereitungsstadium – an der fortgesetzten Begehung von Schmuggeltaten mitzuwirken. Auch derjenige, der nur mit Gehilfenvorsatz den Schmuggel fördern will, kann deshalb Mitglied einer Bande sein (s. Rz. 100); nicht aber der Beteiligte, der sich darauf beschränkt, andere zur fortgesetzten Begehung von Schmuggeltaten anzustiften, wohl aber der sich im Hintergrund haltende Bandenchef (s. Rz. 95 ff.). Der Zusammenschluss "zur fortgesetzten Begehung" setzt nämlich nicht voraus, dass sämtliche Bandenmitglieder den Vorsatz haben, das Schmuggelunternehmen durch "örtliches, zeitliches und körperliches Zusammenwirken" am Tatort zu unterstützen.
Rz. 80
Fraglich ist, ob auch Zollbeamte Mitglied einer Bande sein können. Aus dem Schutzzweck der Norm (s. Rz. 11) ergibt sich, dass sich die bandenmäßige Verbindung gerade gegen die Zollbeamten richten muss. Deshalb kann der Grenzbeamte, der den Schmuggel verabredungsgemäß z.B. durch Nichteingreifen, Nichtanzeigen oder sonstige Unterlassungen unterstützt, jedenfalls dann nicht Bandenmitglied sein, wenn sich keine weiteren Zollbeamten am Tatort befinden. In diesen Fällen fehlt es an der erforderlichen Gefährlichkeit der Tat für einen diensttuenden Zollbeamten. Sofern durch das Mitwirken eines Zollbeamten andere Beamte gefährdet werden können,...