Rz. 103
Für den Versuch gelten grds. die gleichen Verjährungsregeln wie für das vollendete Delikt, insb. ist die Länge der Verjährungsfrist identisch (vgl. § 78 Abs. 4 StGB: keine Änderungen aufgrund von Milderungen [§ 23 Abs. 2 StGB] des Allgemeinen Teils des StGB).
Auch beim Versuch beginnt die Verjährung mit dessen Beendigung (§ 78a StGB). Die Beendigung ist insoweit nach allgemeinen Regeln zu bestimmen und nicht mit der Abgrenzung von beendetem und unbeendetem Versuch i.S.d. § 24 StGB zu verwechseln. Die Beendigung des Versuchs tritt nach überwiegender Auffassung mit dem Ende der Tätigkeit ein, die zum Erfolg führen sollte.
Damit beginnt die Verjährung der versuchten Steuerhinterziehung durch positives Tun mit Abgabe der falschen Steuererklärung an die FinB, der Hinterziehungsversuch durch Unterlassen in dem Zeitpunkt, bis zu dem spätestens die Steuererklärung bzw. -anmeldung abzugeben gewesen wäre, wobei allerdings verlängerte Erklärungsfristen – sei es nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO oder durch Erlasse der obersten FinB der Länder für steuerlich beratene Stpfl. – zu berücksichtigen sind.
Entsprechendes gilt für einen untauglichen Hinterziehungsversuch, der wegen Untauglichkeit des angewendeten Mittels den tatbestandsmäßigen Erfolg nicht herbeiführen kann.
Grundsätzlich anders wird von einer Gegenauffassung nicht auf die letzte Tathandlung bzw. das Unterlassen zur Frist, sondern darauf abgestellt, wann der Versuchsschwebezustand endgültig nicht mehr zum Erfolg führen kann. Bei einem untauglichen Versuch ergibt sich keine Abweichung zur h.M. Der taugliche Versuch endet hingegen erst mit Eintritt des vollendungsvereitelnden Umstands. Im Fall der Steuerhinterziehung durch Unterlassen wäre das Ergehen eines Steuerbescheids oder der Umstand, dass ein solcher nicht mehr erwartet werden kann, vollendungsrelevant. Ist der Steuerbescheid – wie geplant – zu niedrig, endet der Versuch und wird zum Erfolgsdelikt. Ist der Steuerbescheid hingegen – wider Erwarten – zutreffend oder zu hoch, beendet er das nur versuchte Delikt. Ist bis zum Abschluss der allgemeinen Veranlagungsarbeiten kein Steuerbescheid ergangen, so würde in diesem Zeitpunkt der Versuch beendet, würde aber gleichzeitig durch den eingetretenen Erfolg verdrängt.
Rz. 104
Legt man die Rspr. des BGH (s. Rz. 73) zugrunde, ist festzustellen, dass im Fall des Erschleichens zu niedriger Feststellungsbescheide der Versuch der Steuerhinterziehung mit der letzten Handlung gerichtet auf die Erlangung eines falschen Feststellungsbescheids beginnt. Nach Ansicht des BGH ist ein Steuervorteil bereits anzunehmen, selbst wenn die Angeklagten ihr Ziel einer Steuerverkürzung erst mit der zu niedrigen Festsetzung der Einkommensteuer erlangten. Die bindende Feststellung unrichtiger Besteuerungsgrundlagen reiche für eine Tatvollendung im Sinne eines Steuervorteils aus. Ist das Erlangen eines unrichtigen Feststellungsbescheides Steuerverkürzung, ist folglich die darauf gerichtete Handlung unmittelbares Ansetzen bzw. Tathandlung.
Rz. 105
Führt der Täter einen noch nicht fehlgeschlagenen Versuch der Steuerhinterziehung durch nachfolgende Täuschungshandlungen gegenüber der FinB (sog. Verschleierungsmaßnahmen bzgl. des Beitritts von Gesellschaftern, Verfälschung von Unterlagen oder anderes) mit dem Ziel fort, dieselbe Steuer zu verkürzen, so liegt eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Tat im prozessualen Sinne vor. Dadurch wird ein rechtswidriger Schwebezustand aufrechterhalten, der erst beim Fehlschlagen des Versuchs tatsächlich beendet wird. Der Versuch der Steuerhinterziehung ist in diesem Fall erst mit Bestandskraft und nicht schon mit Erlass des Steuerbescheids fehlgeschlagen.
Rz. 106– 107
Einstweilen frei.