Rz. 294
Die Anzeige- und Mitwirkungspflichten, die die AO und die Einzelsteuergesetze dem Stpfl. und beteiligten Dritten auferlegen, werden ergänzt bzw. verschärft durch die vielfältigen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (§ 8 GwG) Sorgfalts- (§§ 10 ff. GwG) sowie und Meldepflichten (§§ 23a, 43 ff. GwG) und ein erforderliches Risikomanagement (§§ 4 ff. GwG), welches das Geldwäschegesetz (GwG) den "Verpflichteten" (§ 2 Abs. 1 GwG) vorschreibt. Das GwG bezweckt die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch die Auferlegung von sanktionsbewehrten Pflichten. Die strafbare Begehung der Geldwäsche regelt § 261 StGB, auf den § 1 GwG verweist. Die Pflichten des GwG gelten nicht nur für Kreditinstitute, sondern u.a. auch für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater sowie Steuerbevollmächtigte. Damit werden auch Privatpersonen in die strafrechtlichen Ermittlungen zum Zwecke der Aufspürung krimineller Gewinne eingebunden. Die in § 2 Abs. 1 GwG genannten Verpflichteten unterliegen dem Anwendungsbereich des GwG jedoch nur, soweit sie in Ausübung ihrer geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit handeln.
Rz. 295
Jeder im GwG genannten Pflicht steht bei Missachtung eine entsprechende Ahndung als Ordnungswidrigkeit gegenüber. Wie im Nebenstrafrecht häufig, so wird auch im GwG in den Sanktionsnormen, auf andere Normen zur Tatbestandsausfüllung verwiesen. Es handelt sich somit um eine sog. Binnenverweisung. § 56 GwG stellt damit, anders als z.B. § 370 AO, keine Blankettnorm (s. § 370 Rz. 20 ff.) dar, sondern soll die Lesbarkeit des Gesetzes erleichtern. Ob hier dennoch die BGH-Rspr. zum Vorsatzausschluss bei § 370 AO bei Irrtümern entsprechend anwendbar ist, wird die weitere Entwicklung der Rspr. zeigen. Meines Erachtens kann die Vorsatzfeststellung nicht von der Rechtstechnik abhängen. Bezieht sich der Vorsatz des Verpflichteten also nicht auf die Verpflichtung nach dem GwG, so kann aufgrund dieses Irrtums kein Vorsatz bestehen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB). Es bleibt dann die Verfolgbarkeit wegen Leichtfertigkeit zu prüfen.
Rz. 296
Nach Auffassung von Häberle bestehen an zahlreichen Bußgeldtatbeständen in der Gesetzesfassung nach der 4. Geldwäscherichtlinie Zweifel an der Bestimmtheit, wie bspw. § 56 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 9, 13, 14, 21–24, 33, 35, 36, 38, 39, 51 und 62 GwG a.F.
Wie die folgenden Ausführungen zeigen, bestehen auch bei der aktuellen Gesetzesfassung aufgrund der 5. Geldwäscherichtlinie erhebliche Zweifel an der rechtsstaatlich gebotenen Bestimmtheit einzelner Bußgeldvorschriften. Es sollte die Aufgabe des Gesetzgebers sein, bei begründeten Zweifeln an der Bestimmtheit für Klarheit zu sorgen. Hier hätte der Gesetzgeber im Rahmen der Gesetzesänderung aufgrund der 5. Geldwäscherichtlinie in zahlreichen Fällen nachbessern können. Meines Erachtens muss dieses fortdauernde Unterlassen des Gesetzgebers im Zweifel zugunsten des Betroffenen berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber hat es selbst in der Hand, die von ihm als bußgeldrelevant bewerteten Verhaltensweisen zu konkretisieren. Solange er dies handwerklich nicht sicherstellt, kann nicht von "unerträglichen" bußgeldrechtlichen Lücken die Rede sein.
Rz. 297
Ungeklärt ist bislang die rechtliche Wechselwirkung zwischen den Pflichten nach dem GwG einerseits und dem Sorgfaltsmaßstab der leichtfertigen Geldwäsche nach § 261 Abs. 6 StGB und der Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG andererseits. Diese Frage stellt sich insbesondere bei nicht nach § 2 GwG Verpflichteten, welchen ggf. anzuraten ist, auch als Nichtverpflichtete nach dem GwG Kernelemente des GwG zu beachten.
Rz. 298
Das GwG ist in sieben Abschnitte gegliedert, welche die Struktur des Gesetzes abbilden.