Rz. 441
Auch wenn ein beauftragter Steuerberater eine Vielzahl von Dienstleistungen und Unterstützungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Analyse, Implementierung und Dokumentation eines Kontrollsystems leisten und somit zusätzliche Sicherheit für das Tax CMS schaffen kann, so sind dieser Tätigkeit Grenzen gesetzt:
Die Verantwortung über das Tax CMS liegt in letzter Instanz bei den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens – diese Verantwortung kann auch nicht vollständig delegiert werden. Dies trifft auch auf die Verantwortung für die Überwachung delegierter Aufgaben zu. So können bspw. die Organmitglieder die hauseigene Steuerabteilung oder einen Steuerberater mit der Erstellung einer Steuererklärung beauftragen. Grundsätzlich kann sich der Delegierende zwar nach dem sog. "Vertrauensgrundsatz" auf die sorgfältige Erledigung der übertragenen Aufgaben verlassen, solange ihm keine gegenteiligen Hinweise vorliegen. Jedoch bleiben die Organmitglieder bspw. für die fristgerechte Abgabe der Erklärung mitverantwortlich. Gleiches gilt bei der Aufgabenverteilung unter den Organmitgliedern. Auch wenn einem sorgfältig ausgesuchten Organmitglied die Verantwortung im Zusammenhang mit steuerlichen Pflichten übertragen wurde, bleiben die anderen Organmitglieder grundsätzlich hinsichtlich der Überwachung der steuerlichen Pflichterfüllung mitverantwortlich. Im Unternehmenszusammenhang ist daher bei der (horizontalen und vertikalen) Aufgabendelegation die Vorschrift des § 130 OWiG zu beachten, der die Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen mit einem Bußgeld bedroht. So kann je nach Einzelfall die Handlungspflicht – und damit die Verantwortlichkeit und das Haftungsrisiko der einzelnen Organmitglieder – zur Auswahl-, Instruktions- und/oder Überwachung trotz verbleibender (Letzt-)Verantwortung durch Hinzuziehung fachkundiger (interner oder externer) Hilfe erheblich eingeschränkt werden.
Werden Tätigkeiten im Rahmen der Erfüllung steuerlicher Pflichten des Unternehmens auf qualifizierte Dritte übertragen, hat das Unternehmen daher sicherzustellen,
- dass der Dritte vollständig über die Anforderungen der übertragenen Tätigkeiten aufgeklärt und zu deren Erfüllung vertraglich verpflichtet worden ist,
- dass ihm die notwendigen Informationen vollständig und rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden,
- dass das Unternehmen die Tätigkeit des Dritten einer angemessenen Überwachung sowie seine Arbeitsergebnisse einer Plausibilitätskontrolle unterzieht.
Insgesamt kann selbstverständlich auch ein "gelebtes" Tax CMS keine 100-%-Garantie bieten, dass (bewusste oder unbewusste) steuerliche Pflichtverletzungen vermieden werden – der "Faktor Mensch" bleibt bestehen.