a) Allgemeines
Rz. 330
Die mit Wirkung zum 14.12.2010 eingeführte Bußgeldandrohung im Zusammenhang mit Aufzeichnungspflichten von Großhandelsunternehmen zielt auf eine stringente Einhaltung der Pflicht zur Dokumentation des Warenausgangs ab und bezweckt damit die Bekämpfung von Schwarzverkäufen. Die Norm knüpft an § 144 AO an, wonach gewerbliche Unternehmer und gewerbliche Land- und Forstwirte, die regelmäßig Waren an gewerblich tätige Abnehmer (Fachhandel, produzierendes Gewerbe) liefern, den Warenausgang gesondert aufzeichnen müssen. Zuvor konnte eine unzureichende Aufzeichnung des Warenausgangs nach § 144 AO nicht nach § 379 AO geahndet werden. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO (bzw. der inhaltsgleiche, bis zum 5.5.2006 geltende § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO a.F.; s. Rz. 9) setzt gerade die fehlende oder unrichtige Verbuchung des Warenausgangs als aufzeichnungspflichtigen Vorgang voraus (s. Rz. 150).
Rz. 331
Mit der Gesetzeserweiterung sollen – im Zusammenspiel mit § 143 AO – die Kontrolldichte bei Warenbewegungen vom Großhandel zu dessen wiederverkaufenden Kunden und das Entdeckungsrisiko von Geschäften, die sowohl beim Lieferanten als auch beim Abnehmer nicht verbucht werden, erhöht werden. Anhand der Warenausgangsaufzeichnungen sollen die Prüfungsdienste der Finanzämter brauchbare Ansätze erhalten, um Kalkulationen, Zeitreihenvergleiche oder andere Prüfungsmethoden anwenden zu können.
Rz. 332
§ 144 AO Aufzeichnung des Warenausgangs
(1) Gewerbliche Unternehmer, die nach der Art ihres Geschäftsbetriebs Waren regelmäßig an andere gewerbliche Unternehmer zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch als Hilfsstoffe liefern, müssen den erkennbar für diese Zwecke bestimmten Warenausgang gesondert aufzeichnen.
(2) Aufzuzeichnen sind auch alle Waren, die der Unternehmer
- 1. auf Rechnung (auf Ziel, Kredit, Abrechnung oder Gegenrechnung), durch Tausch oder unentgeltlich liefert, oder
- 2. gegen Barzahlung liefert, wenn die Ware wegen der abgenommenen Menge zu einem Preis veräußert wird, der niedriger ist als der übliche Preis für Verbraucher.
Dies gilt nicht, wenn die Ware erkennbar nicht zur gewerblichen Weiterverwendung bestimmt ist.
(3) Die Aufzeichnungen müssen die folgenden Angaben enthalten:
- 1. den Tag des Warenausgangs oder das Datum der Rechnung,
- 2. den Namen oder die Firma und die Anschrift des Abnehmers,
- 3. die handelsübliche Bezeichnung der Ware,
- 4. den Preis der Ware,
- 5. einen Hinweis auf den Beleg.
(4) Der Unternehmer muss über jeden Ausgang der in den Absätzen 1 und 2 genannten Waren einen Beleg erteilen, der die in Absatz 3 bezeichneten Angaben sowie seinen Namen oder die Firma und seine Anschrift enthält. Dies gilt insoweit nicht, als nach § 14 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes durch die dort bezeichneten Leistungsempfänger eine Gutschrift erteilt wird oder auf Grund des § 14 Abs. 6 des Umsatzsteuergesetzes Erleichterungen gewährt werden.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für Land- und Forstwirte, die nach § 141 buchführungspflichtig sind.
b) Täterkreis
Rz. 333
Die Bußgeldvorschrift stellt ein Sonderpflichtendelikt dar. Das Gebot zur Aufzeichnung des Warenausgangs richtet sich an Großhändler, d.h. an gewerbliche Unternehmer, die nach Art ihres Geschäftsbetriebs Waren regelmäßig an andere gewerbliche Unternehmer zum Zwecke der Weiterveräußerung oder zum Verbrauch als Hilfsstoffe liefern (§ 144 Abs. 1 AO). Diese Einschränkung in der Zweckbestimmung der Warenabgabe ist ein wichtiger Unterschied zu der Pflicht nach § 143 AO, den Wareneingang aufzuzeichnen, da sich diese an alle gewerblichen Unternehmer einschließlich der Einzelhändler richtet.
Rz. 334
Gemäß § 144 Abs. 5 AO trifft die gleiche Pflicht – wiederum anders als § 143 AO – auch Land- und Forstwirte, soweit sie gewerblich tätig und damit gem. § 141 AO buchführungspflichtig sind. Dies soll vor allem Prüfungen im Obst- und Gemüsehandel erleichtern.
c) Tathandlungen
Rz. 335
Die Dokumentationspflicht nach § 144 AO ist eine unabhängig von handelsrechtlichen Normen bestehende steuerrechtliche Verpflichtung. Die Vollständigkeitskriterien und damit der Inhalt der Aufzeichnungspflicht ergeben sich aus § 144 Abs. 3 AO. Tatbestandsmäßig sind sowohl die unterlassenen als auch die unvollständigen oder unrichtigen Aufzeichnungen.
Rz. 336
Zu den aufzeichnungspflichtigen Vorgängen zählen die Warenausgänge, die erkennbar für Zwecke der Weiterveräußerung oder des Verbrauchs als Hilfsstoffe geliefert werden. Hierzu stellt § 144 Abs. 2 Satz 1 AO für Zweifelsfälle (Rechnungskauf, Tausch, unentgeltliche Lieferung, Rabattverkauf gegen Barzahlung) klar, dass eine Aufzeichnung zu erfolgen hat, es sei denn, die Waren sind erkennbar nicht zur Weiterverwendung bestimmt (§ 144 Abs. 2 Satz 2 AO).
Rz. 337
Neben der Tatvariante, dass ein Warenausgang überhaupt nicht erfasst wird, greift der Tatbestand des § 379 Abs. 2 Nr. 1a A...