a) Allgemeines
Rz. 258
Der Bußgeldtatbestand des § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AO wurde gemeinsam mit § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 1h und 1i AO durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022 eingefügt und sanktioniert die nicht ordnungsgemäße Aufbewahrung von "privaten" Aufzeichnungen und Unterlagen i.S.d. § 147a Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 AO. Danach haben Steuerpflichtige, bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 4–7 EStG mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr, die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten sechs Jahre aufzubewahren (§ 147a Abs. 1 Satz 1 AO) bzw. haben Steuerpflichtige, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaatgesellschaft i.S.d. § 138 Abs. 3 AO ausüben können, die Aufzeichnungen und Unterlagen über diese Beziehung und alle damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben sechs Jahre aufzubewahren (§ 147a Abs. 2 Satz 1 AO).
Ebenso wie beim Tatbestand des § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO sind jene Aufzeichnungen und Unterlagen laut Gesetzesbegründung ein wesentliches Instrument, um die Richtigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen überprüfen zu können. Sofern ein Steuerpflichtiger diese Unterlagen nicht vollständig oder gar nicht aufbewahrt oder nachträglich vernichtet, kann dies eine Außenprüfung oder Nachschau stark beschränken. Der Nachweis der Steuerhinterziehung, hinter die der Bußgeldtatbestand zurücktreten würde, ist in solchen Fällen nicht immer möglich, da gerade die Unterlagen für den Nachweis fehlen. Die Vernichtung von aufbewahrungspflichtigen Unterlagen fällt nicht unter § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und Nr. 8 AO schließen diese Sanktionslücke.
Rz. 258.1
§ 147a Vorschriften für die Aufbewahrung von Aufzeichnungen und Unterlagen bestimmter Steuerpflichtiger
(1) Steuerpflichtige, bei denen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (Überschusseinkünfte) mehr als 500.000 Euro im Kalenderjahr beträgt, haben die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zu Grunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten sechs Jahre aufzubewahren. Im Falle der Zusammenveranlagung sind für die Feststellung des Überschreitens des Betrags von 500.000 Euro die Summe der positiven Einkünfte nach Satz 1 eines jeden Ehegatten oder Lebenspartners maßgebend. Die Verpflichtung nach Satz 1 ist vom Beginn des Kalenderjahrs an zu erfüllen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des Satzes 1 mehr als 500.000 Euro beträgt. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet mit Ablauf des fünften aufeinanderfolgenden Kalenderjahrs, in dem die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind. § 147 Absatz 2, Absatz 3 Satz 5 und Absatz 4 bis 7 gilt entsprechend. Die Sätze 1 bis 3 und 5 gelten entsprechend in den Fällen, in denen die zuständige Finanzbehörde den Steuerpflichtigen für die Zukunft zur Aufbewahrung der in Satz 1 genannten Aufzeichnungen und Unterlagen verpflichtet, weil er seinen Mitwirkungspflichten nach § 12 Absatz 3 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb nicht nachgekommen ist.
(2) Steuerpflichtige, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3 ausüben können, haben die Aufzeichnungen und Unterlagen über diese Beziehung und alle damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben sechs Jahre aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht ist von dem Zeitpunkt an zu erfüllen, in dem der Sachverhalt erstmals verwirklicht worden ist, der den Tatbestand des Satzes 1 erfüllt. Absatz 1 Satz 4 sowie § 147 Absatz 2, 3 Satz 5 und Absatz 5 bis 7 gelten entsprechend.
Rz. 258.2
Beachte:
Durch Art. 14 i.V.m. Art. 35 Abs. 8 des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 wird mit Wirkung ab dem 1.1.2027 die in § 147a Abs. 1 AO genannte Betragsschwelle von 500.000 EUR auf 750.000 EUR angehoben.
b) Täterkreis
Rz. 258.3
Täter des Unterlassungstatbestands des Nichtaufbewahrens entgegen § 147a Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 AO ist der dort benannte "bestimmte Steuerpflichtige", der eine entsprechende Rechtspflicht zum Aufbewahren hat. Dies sind die Steuerpflichtigen, die die besonderen Einkunftsgrenzen nach § 147a Abs. 1 AO i.V.m. § 2 EStG überschreiten bz...