a) Allgemeines
Rz. 523
Der Bußgeldtatbestand des § 379 Abs. 2 Nr. 1h AO wurde gemeinsam mit § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 sowie Abs. 2 Nr. 1i AO durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022 eingefügt. Danach handelt ordnungswidrig, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 147 Abs. 6 Satz 1 AO auf Zurverfügungstellung bestimmter Dateien, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden, zuwiderhandelt.
Aufgrund der Digitalisierung der Buchhaltung sei – so die Gesetzesbegründung – mittlerweile eine sinnvolle Prüfung nur noch möglich, wenn in der Außenprüfung ein vollständiger Datenzugriff gewährt werde. Werde dieser nicht gewährt, so könne mitunter nicht mehr geprüft werden, ob die Angaben des Steuerpflichtigen tatsächlich korrekt sind. Daher wurden Bußgeldtatbestände (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1h und 1i) eingeführt, die die nicht vollständige Gewährung oder Nichtgewährung des Datenzugriffes nach § 147 Abs. 6 Satz 1 und 2 AO sanktionieren. Zwar bestehe die Möglichkeit, dass auch eine Steuerhinterziehung, hinter die die Bußgeldtatbestände zurücktreten würden, für dieselbe Steuerart und denselben Veranlagungszeitraum vorliegen, jedoch könne diese nicht immer nachgewiesen werden, da gerade der Datenzugriff für den Nachweis nicht erfolgen kann.
§ 378 Abs. 2 Nr. 1h und 1i AO sollen diese Sanktionierungslücke schließen.
Rz. 523.1
§ 147 Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen
(1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:
- 1. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
- 2. die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
- 3. Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
- 4. Buchungsbelege,
- 4a. Unterlagen nach Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 163 des Zollkodex der Union,
- 5. sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
(2) [...]
(6) Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden,
- 1. hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen,
- 2. kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet zur Verfügung gestellt werden, oder
- 3. kann die Finanzbehörde verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden.
Teilt der Steuerpflichtige der Finanzbehörde mit, dass sich seine Daten nach Absatz 1 bei einem Dritten befinden, so hat der Dritte
- 1. der Finanzbehörde Einsicht in die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder
- 2. diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder
- 3. ihr nach ihren Vorgaben die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten in einem maschinell auswertbaren Format zu übertragen.
Die Kosten trägt der Steuerpflichtige. In Fällen des Satzes 3 hat der mit der Außenprüfung betraute Amtsträger den in § 3 und § 4 Nummer 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes bezeichneten Personen sein Erscheinen in angemessener Frist anzukündigen. Sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, ist es im Fall eines Wechsels des Datenverarbeitungssystems oder im Fall der Auslagerung von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten aus dem Produktivsystem in ein anderes Datenverarbeitungssystem ausreichend, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung oder Auslagerung folgt, diese Daten ausschließlich auf einem maschinell lesbaren und maschinell auswertbaren Datenträger vorhält.
(7) Die Verarbeitung und Aufbewahrung der nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten Daten ist auch auf mobilen Datenverarbeitungssystemen der Finanzbehörden unabhängig von deren Einsatzort zulässig, sofern diese unter Berücksichtigung des Stands der Technik gegen unbefugten Zugriff gesichert sind. Die Finanzbehörde darf die nach Absatz 6 zur Verfügung gestellten und gespeicherten Daten bis zur Unanfechtbarkeit der die Daten betreffenden Verwaltungsakte auch auf den mobilen Datenverarbeitungssystemen unabhängig von deren Einsatzort aufbewahren.
b) Datenzugriff
Rz. 524
Das Recht auf Datenzugriff steht der FinB nur im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen (Betriebsprüfung, Lohnsteuer-Außenprüfung, Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Prüfung des Steuerabzugs durch Kapitalerstragsteuer nach § 50b EStG, InvZ-Sonderprüfung) zu. Bei Nachschauen (z.B. Umsatzsteuer-Nachschau, Lohnsteuer-Nachschau, Kassen-Nachschau) besteht kein allgemeines Zugriffsrecht.
Rz. 524.1
Nur wenn der Steuerpflichtige seine Pflichten der §§ 140...