aa) Allgemeines
Rz. 247
Tathandlungen im Sinne der Norm sind die gewerbsmäßige Bewerbung oder das gewerbsmäßige Inverkehrbringen nicht gesetzeskonformer elektronischer Aufzeichnungssysteme, Software hierfür oder zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtungen.
bb) Bewerbung
Rz. 248
Bewerben ist eine schriftliche oder mündliche Äußerung, die dazu dient, jemanden zum Kauf der beschriebenen elektronischen Aufzeichnungssysteme oder Software zu bewegen. Dabei kann die zertifizierte Sicherheitseinrichtung an sich unabhängig von den elektronischen Aufzeichnungssystemen beworben werden.
cc) Inverkehrbringen
Rz. 249
Unter In-Verkehr-Bringen ist jede Handlung zu verstehen, durch die die beschriebenen Aufzeichnungssysteme oder Software aus der Verfügungsgewalt einer Person so entlassen wird, dass ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, mit diesen nach Belieben umzugehen. Nicht erfasst sind eine unentgeltliche Überlassung an Bekannte oder auch Hackerangriffe auf fremde Kassensysteme.
Die zertifizierte Sicherheitseinrichtung kann unabhängig von den elektronischen Aufzeichnungssystemen in den Verkehr gebracht werden.
dd) Gewerbsmäßig
Rz. 250
Nach allgemeiner Definition liegt Gewerbsmäßigkeit vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen; dabei genügen auch mittelbare Vorteile. Tatsächliche Einnahmen muss der Täter nicht erzielen.
Rz. 251
Dementsprechend definiert der Gesetzgeber: Die Handlung ist gewerbsmäßig, wenn wiederholt Manipulationssoftware, technisch unzureichende elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne der KassenSichV oder technische Sicherheitseinrichtungen beworben oder in den Verkehr gebracht werden, um sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
Rz. 252
Die Einschränkung des § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AO auf die Gewerbsmäßigkeit ist sachgerecht, da in der Vergangenheit Manipulationssoftware entwickelt, beworben und in Verkehr gebracht wurde, um Einnahmequellen zu erschließen und zu sichern. Diesem Phänomen soll durch den neuen Steuergefährdungstatbestand begegnet werden.
Rz. 253
Es ist naheliegend, dass der Vertrieb von Software, die bewusst zur Steuerhinterziehung eingesetzt werden soll, bereits den Tatbestand der Beihilfe zur Steuerhinterziehung erfüllt. In diesen Fällen ist § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AO subsidiär (s. Rz. 703).
e) Anwendungsvorschriften
Rz. 254
Gemäß Art. 97 § 30 Abs. 1 Satz 1 EGAO sind § 146a AO und § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AO erstmals auf Kalenderjahre nach Ablauf des 31.12.2019 – mithin seit 2020 – anzuwenden.
Rz. 255
Wurden Registrierkassen, die den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 entsprechen und die bauartbedingt nicht aufrüstbar sind, so dass sie die Anforderungen des § 146a AO nicht erfüllen, nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft, sieht Art. 97 § 30 Abs. 3 EGAO eine Übergangsvorschrift vor: Danach dürfen diese Registrierkassen bis zum 31.12.2022 abweichend von § 146a und § 379 Abs. 1 Satz 1 AO weiter verwendet werden. In diesen Fällen ist das Nichtschützen bzw. das nicht richtige Schützen eines elektronischen Aufzeichnungssystems i.S.d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO erst ab 2023 bußgeldbewehrt.
Rz. 256– 264
Einstweilen frei.