Rz. 604
Wird ein Konto von einem gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter eröffnet, so erstreckt sich die Legitimationsprüfungspflicht neben dem vertretenen Gläubiger als Inhaber der Forderung auch auf den Vertreter, der kraft Gesetzes (z.B. §§ 34, 35 AO) oder Rechtsgeschäft (durch Kontovollmacht) zur Verfügung über das Konto berechtigt ist. Der Begriff des "Verfügungsberechtigten" i.S.d. § 154 AO wird weit ausgelegt (s. Rz. 546). Hierzu zwingt der Zweck der Norm, die umfassenden Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten im Besteuerungsverfahren sicherzustellen und Täuschungen über den wahren Gläubiger der in dem Konto ausgewiesenen Forderung zu verhindern (s. Rz. 540).
Rz. 605
Daher kann es keinen Unterschied machen, ob jemand unter falschem oder erdichtetem Namen für sich selbst oder als Vertreter ohne Vertretungsmacht die Verfügungsbefugnis über ein auf einem fremden Namen errichtetes Konto erlangt. Im Falle der offenen Stellvertretung ist daher die Pflicht zur Kontenwahrheit nicht verletzt, wenn neben dem Beleg der Gläubigerstellung der Vertreter seine Vertretungsmacht zutreffend nachgewiesen hat.
Rz. 606
Etwas anderes gilt für den Fall der verdeckten Stellvertretung, bei der der Kontoerrichter seine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Verfügungsberechtigung nicht offengelegt hat. Dann ist nur die den Antrag auf Kontoeröffnung stellende Person ausweispflichtig.
Rz. 607
In diesem Zusammenhang sind besonders die Erkundigungs- und Feststellungspflichten der Banken zu beachten, mit denen die Legitimationsprüfungspflicht erweitert wurde. Damit soll Strohmanngeschäften entgegengewirkt und derjenige sichtbar gemacht werden, in dessen wirtschaftlichen oder rechtlichen Interessen die Kontoeröffnung (und andere Transaktionen) erfolgen.
Rz. 608
Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG haben sich u.a. die Banken bei der Eröffnung von Konten und Depots bei dem Kunden zu erkundigen, ob er für eigene Rechnung, also nicht für einen anderen abweichend wirtschaftlich Berechtigten, z.B. als Treuhänder oder Vertreter, handelt. Die bloße Frage genügt hierbei. Gibt der zu Identifizierende an, nicht für eigene Rechnung zu handeln, so hat die Bank Namen und ggf. weitere Merkmale vor allem auch zur Eigentums- und Kontrollstruktur (bei juristischen Personen) des "Hintermannes" festzustellen (vgl. § 11 Abs. 5 GwG; s. Rz. 548 ff.). Allerdings wird ein beauftragter Strohmann, der eine Finanztransaktion verschleiern soll, die Frage der Bank, ob er für eigene Rechnung handele, kaum wahrheitsgemäß beantworten, so dass auf diese Weise kaum belastbare Informationen zu erlangen sind.
Rz. 609
Verstößt der Bankmitarbeiter gegen die Erkundigungs- und Identifizierungspflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG und die sich daran anschließende Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht nach § 8 GwG, handelt er ordnungswidrig gem. § 56 GwG, der Geldbußen bis zu 1 Mio. EUR androht (s. dazu § 377 Rz. 331 ff.).
Rz. 610
Die Pflicht zur Benennung des wirtschaftlich Berechtigten erfasst auch Anderkonten der Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater sowie Angehörigen sonstiger Berufsgruppen. Bei Anderkonten, über die mehrere Mandanten betreffende Vorgänge abgewickelt werden, wenn im Zeitpunkt der Kontoeröffnung die künftigen wirtschaftlichen Berechtigten noch nicht feststehen, genügt die Angabe "Sammel-Anderkonto", solange nicht größere Geldbeträge über einen längeren Zeitraum verwahrt bzw. das Konto nur von einem bestimmten Mandanten in Anspruch genommen wird.
Rz. 611
Bei den gesetzlichen Vertretern und Kontobevollmächtigten erübrigt sich eine Erkundigungs- und Identifizierungspflicht hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten, denn sie haben bereits gem. § 154 AO anzugeben, dass wirtschaftlich Berechtigter nicht sie selbst sind, sondern ein Dritter als Kontoinhaber. Gibt sich der Kontobevollmächtigte der Wahrheit zuwider selbst als wirtschaftlich Berechtigter des Kontos aus, so verstößt er bei der Kontoeröffnung gegen § 154 Abs. 1 AO und kann daher nach § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO belangt werden.