Anforderungen nach dem Geldwäschegesetz an die Anwaltschaft

Das GwG über das „Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“ legt auch Rechtsanwälten Pflichten zur Geldwäscheprävention auf. Durch neue Auslegungshinweise will die BRAK mehr Rechtssicherheit für Anwälte schaffen.

Die Bundesregierung plant eine noch stärkere Einbindung der Anwaltschaft in die Regeln zur Prävention der Geldwäsche. Unter anderem steht eine schärfere Kontrolle von Sammelanderkonten auf der Agenda. Die Pläne kollidieren allerdings an einigen Stellen mit dem Berufsgeheimnis und der Verschwiegenheitspflicht der Anwälte.

BRAK will Rechtsunsicherheiten entschärfen

Um die auftretenden Rechtsunsicherheiten zu entschärfen, hat das Präsidium der BRAK am 27.7.2024 die 8. Auflage der Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG für die Anwaltschaft beschlossen. Diese auf der Grundlage von § 51 Abs. 8 Satz 2 GwG von der BRAK beschlossenen Hinweise müssen von den als Aufsichtsbehörden gemäß § 50 Nr. 3 GwG zuständigen regionalen Anwaltskammern genehmigt werden. Die örtlich zuständigen Anwaltskammern können alternativ auch eigene Anwendungshinweise herausgeben.

GwG-Pflichten gelten nur für enumerativ aufgeführte Katalogtätigkeiten

Die Auslegungshinweise der BRAK geben der Anwaltschaft einen Überblick über die wichtigsten nach dem GwG für Rechtsanwälte bestehenden Pflichten. Adressaten des GwG sind die sogenannten „Verpflichteten“, die eine oder mehrere der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG abschließend aufgeführten Katalogtätigkeiten ausüben. Rechtsanwälte unterliegen nicht pauschal den nach dem GwG statuierten Pflichten, sondern nur in Ausübung der dort aufgeführten Katalogtätigkeiten. Dazu gehören insbesondere:

  • Die Durchführung von Finanz- und Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten,
  • die Beratung des Mandanten zur Kapitalstruktur und dessen industrieller Strategie sowie der damit verbundenen Fragen,
  • die Beratung oder Dienstleistung im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Zusammenschlüssen und Übernahmen sowie
  • die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen.

Die BRAK weist ausdrücklich darauf hin, dass keine Bagatellgrenze existiert. Auch im Ausland tätige, aber in Deutschland zugelassene und von der Kanzleipflicht befreite Anwälte fallen unter die Pflichten des GwG, ebenso Syndikus-Rechtsanwälte, soweit deren Tätigkeit anwaltlich geprägt ist.

Was nicht unter den Anwendungsbereich des GwG fällt

Die Verpflichtungen nach dem GWG betreffen nicht Gesamtkanzleien oder Berufsausübungsgesellschaften. Verpflichtet ist immer nur der einzelne Anwalt. Nicht unter das GwG fallen darüber hinaus

  • die Tätigkeit eines Anwalts im Rahmen eines gerichtlichen Prozesses oder Verfahrens,
  • die Tätigkeit im Rahmen einer Strafverteidigung (anders, sobald der Anwalt im Namen des Mandats eine finanzielle oder wirtschaftliche Transaktion für den Mandanten durchführt);
  • die Tätigkeit des Anwalts kraft übertragenen Amtes z. B. als Insolvenzverwalter, Schiedsrichter, Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger, wobei hier eine mögliche Einordnung als anderweitig nach dem GwG Verpflichteter zu beachten ist.

Wichtig: Nach der Auslegungsrichtlinie der BRAK fällt jede Mitwirkung des Rechtsanwalts an einem der Kataloggeschäfte des GwG unter dessen Schutzwirkung. Diese beginnt bereits mit der kataloggeschäftsbezogenen Mandatsannahme. Der Kauf und Verkauf von Immobilien löst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG immer besondere Sorgfaltspflichten aus. Zu beachten ist hierbei das seit 2023 geltende Barzahlungsverbot bei Immobilienverkäufen.

Verschärfte Bestimmungen für Sammel-Anderkonten

Besondere Aufmerksamkeit widmet der Gesetzgeber der Verwaltung von Anderkonten und dabei besonders den sogenannten Sammelanderkonten. Nach den besonderen für die Kreditwirtschaft erlassenen Anwendungshinweisen der BaFin sind Anwälte verpflichtet, der beteiligten Bank ggf. Auskünfte zu einzelnen Transaktionen zu erteilen (z. B. über die Herkunft des Geldes). Andernfalls riskieren sie eine Konto-Kündigung.

Risikoeinstufung der BaFin

Die BaFin weist Sammelanderkonten ein besonders hohes Geldwäscherisiko zu. Seit dem 1.6.2023 gelten für Sammelanderkonten verschärfte Pflichten gemäß § 4 Abs. 1 BORA n.F.. Auf Sammelanderkonten dürfen danach bestimmte Gelder nicht verwaltet werden (in bar übergebene Beträge über 1.000 EUR oder aus einem Drittstaat überwiesene Beträge). Insbesondere bei kleineren Geldeingängen führt dies für die Anwaltschaft zu einem deutlich erhöhten Verwaltungsaufwand und einer erhöhten Gebührenbelastung. Die Banken selbst müssen im Einzelfall abwägen, wie hoch sie das Risiko einer Geldwäsche einschätzen und ob sie ein Sammelkonto weiterführen.

Was die Regierung zusätzlich plant

In diesem Zusammenhang plant die Bundesregierung eine Neufassung des § 73a BRAO. Der Gesetzentwurf sieht Folgendes vor:

  • Den regionalen Rechtsanwaltskammern soll
  • die Aufgabe der anlasslosen Überprüfung von Sammelanderkonten zugewiesen werden.
  • Für die betroffenen Anwälte wird eine Mitwirkungspflicht an der Überprüfung statuiert.
  • Eine Berufung auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht soll nicht möglich sein.

BRAK legt die Reformpläne kategorisch ab

In ihrer Stellungnahme lehnt die BRAK gegenüber der Bundesregierung die geplante Reform strikt ab. Im Ergebnis enthält die Reform nach Auffassung der BRAK einen Systembruch und ist mit dem Berufsbild einer freien Advokatur nicht zu vereinbaren. Eine effektive Kontrolle würde nach Einschätzung der BRAK die Herausgabe der Handakten des Anwalts erfordern, denn nur anhand der Handakte könnten Geldflüsse und Geldverwendung tatsächlich nachverfolgt werden. Damit wären Verschwiegenheitspflicht und Anwaltsgeheimnis nach Auffassung der BRAK nur noch Makulatur.

Obligatorische Risikoanalyse

Im Übrigen gilt nach den Anwendungshinweisen der BRAK, dass Rechtsanwälte angemessene, geschäfts- und kundenbezogene Sicherungsmaßnahmen zur Steuerung und Minderung der Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Rahmen einer Risikoanalyse durchführen müssen, § 6 GWG.

Hierzu gehören

  • die Erstellung kanzleiinterner Richtlinien zur Umsetzung der Pflichten nach dem GwG,
  • eine das Geldwäscherisiko minimierende Kanzleiorganisation,
  • konkrete Handlungsanweisungen an die Mitarbeiter zur Vermeidung der Gefahr von Geldwäsche,
  • die Durchführung von internen Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Geldwäschevorschriften,
  • eine regelmäßige Überprüfung der Mitarbeiter auf ihre Zuverlässigkeit,
  • eine Schulung derjenigen Mitarbeiter, die regelmäßig Mandantenkontakt haben und in potenziell geldwäscherelevanten Geschäftsbereichen tätig sind,
  • die Einrichtung eines kanzleiinternen Hinweisgebersystems sowie
  • ggf. die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten.

Obligatorischer Geldwäschebeauftragter in großen Berufsausübungsgesellschaften

Die BRAK hat von ihrem nach § 7 Abs. 3 GwG bestehenden Recht Gebrauch gemacht, Berufsausübungsgesellschaften, die insgesamt 30 Berufsangehörige oder Berufsträger sozietätsfähiger Berufe umfassen, zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten zu verpflichten. Begründung: Ab dieser Größe sei die Gefahr von Informationsverlusten und Informationsdefiziten aufgrund einer arbeitsteiligen und zergliedern Arbeitsstruktur und der Anonymisierung innerbetriebliche Prozesse deutlich erhöht. Die Aufgaben des Geldwäschebeauftragten dürfen grundsätzlich auf einen externen Dienstleister übertragen werden.

Meldepflichten des Anwalts

Gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 GwG hat der Anwalt Vorkehrungen zu treffen, um auf Anfrage der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen oder auf Anfrage der örtlichen Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde Auskunft darüber zu geben, ob in den letzten 5 Jahren mit einer bestimmten Person eine Mandatsbeziehung unterhalten wurde und welcher Art diese Mandatsbeziehung war. Diese Auskunft darf aufgrund der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht im Grundsatz verweigert werden. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Rechtsanwalt positiv weiß, dass der betreffende Mandant das Mandatsverhältnis für Zwecke der Geldwäsche oder zur Terrorismusfinanzierung genutzt hat oder nutzt (§ 6 Abs. 6 Satz 4 GwG).

Meldepflicht bei konkretem Geldwäscheverdacht

Eine Meldepflicht gemäß § 43 Abs. 1 GWG besteht auch in den Fällen, in denen Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte oder die in Zusammenhang mit einer Terrorismusfinanzierung steht. Auch hier besteht für Rechtsanwälte die Meldepflicht nicht, wenn der Sachverhalt sich auf Informationen bezieht, die der Rechtsanwalt im Rahmen seiner Tätigkeiten der Rechtsberatung oder der Prozessvertretung erhalten hat, § 43 Abs. 2 Satz 1 GWG. Auch hier existiert aber wieder eine Ausnahme von der Ausnahme, wenn der Anwalt positiv weiß, dass der Mandant das Mandatsverhältnis für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung genutzt hat.

Durchbrechung der Schweigepflicht bei Immobilientransaktionen

Eine regelrechte Durchbrechung der Schweigepflicht sieht § 43 Abs. 6 GWG bei bestimmten Immobilienerwerbsvorgängen vor. Hier können Anwälte im Fall konkreter Verdachtsmomente des Verstoßes gegen Steuerpflichten oder wenn ein verwendetes Bankkonto einen Bezug zu einem sogenannten Risikostaat aufweist, zu einer Verdachtsmeldung verpflichtet sein. In der Regel dürfen Anwälte die Betroffenen auf eine beabsichtigte Meldung auch nicht hinweisen. Die Meldepflicht entfällt allerdings, wenn der als Anwalt Verpflichtete die betreffenden Personen im Rahmen eines Ermittlungs- oder eines Strafverfahrens anwaltlich vertreten hat.

Anwaltschaft lehnt Meldepflichten ab

Die Meldepflichten nach dem GWG werden von der Anwaltschaft weitgehend abgelehnt und hart kritisiert. Sie widersprechen der Verschwiegenheitspflicht des Anwalts nach § 43a Abs. 2 BRAO. Eine Verletzung dieser Pflicht ist in § 203 StGB unter Strafe gestellt und wird durch Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrechte in der ZPO und in der StPO flankiert. Die Verschwiegenheitspflicht gilt als Fundament des Anwaltsberufes, ohne die eine sinnvolle Berufsausübung nicht möglich ist.