Das Oberlandesgericht Innsbruck hatte sich in einem etwas kuriosen Fall mit den Folgen einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen 2 Köchen in einem Gastronomiebetrieb zu befassen. Eine der beiden Köche wurde hierbei erheblich verletzt und brach sich ein Sprunggelenk. Er prozessierte gegen die gesetzliche Unfallversicherung, die ihm die von ihm beantragte Versehrtenrente verweigerte.
Eifersüchtelei unter Köchen wegen einer Kollegin
Der Vorfall ereignete sich im Februar 2022 in einem Gastronomiebetrieb in Vorarlberg. Ein dort beschäftigter Koch hatte nach Beendigung der Arbeitszeit eine Kollegin mit seinem PKW nach Hause gefahren. Dies missfiel einem Kochkollegen, der ein Auge auf die von seinem Kollegen nach Hause begleitete Mitarbeiterin geworfen hatte.
Eifersucht schlug in körperliche Gewalt um
Am nächsten Tag stellte der eifersüchtige Kollege seinen Kontrahenten in einer Pause am Hintereingang der Gaststätte zur Rede. Hierbei geriet er dermaßen in Rage, dass er mit den Fäusten auf seinen Kochkollegen einschlug. Er nahm ihn in den Würgegriff, sodass dieser zu Boden stürzte und sich das Sprunggelenk brach.
Geschädigter forderte „Versehrtenrente“
Der Geschädigte hatte eine ganze Weile mit den Folgen der erlittenen Verletzung zu kämpfen und beantragte bei der gesetzlichen Unfallversicherung die Gewährung einer Versehrtenrente. Er war der Auffassung, dass es sich bei dem Vorfall um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, für dessen Folgen die gesetzliche Unfallversicherung eintrittspflichtig sei. Da die Versicherung die Gewährung der beantragten Versehrtenrente ablehnte, ging der Geschädigte gerichtlich gegen die Versicherung vor.
Vorfall außerhalb der Arbeitszeit
Das OLG Innsbruck gab der Versicherung recht. Interessant an der Entscheidung ist, dass das OLG die Annahme eines Arbeitsunfalls und eine daraus folgende mögliche Eintrittspflicht der Versicherung nicht generell ausschloss. Das OLG stellte in seiner Entscheidung entscheidend darauf ab, dass die Schlägerei zwischen den Köchen
- nicht unmittelbar am Arbeitsplatz, sondern außerhalb des Küchenbereichs am Hintereingang der Gaststätte und
- auch nicht während der regulären Arbeitszeit, sondern in einer Arbeitspause stattgefunden habe.
Im Ergebnis stellte sich das Geschehen nach Auffassung des Gerichts damit nicht als betriebsbezogenes Ereignis, sondern als Folge einer privaten Auseinandersetzung zwischen den beiden Köchen dar.
Schlägerkoch ist untergetaucht
Für den Kläger ist die Entscheidung des OLG bitter, denn er könnte nun insgesamt leer ausgehen. Der Kochkollege ist nach einem Bericht des ORF seit der Schlägerei nicht mehr aufzufinden. Er soll während der Arbeitsleistung in der Vergangenheit häufiger alkoholische Getränke verzehrt haben und erst einmal komplett untergetaucht sein. Schadenersatz und Schmerzensgeld dürften für den Geschädigten daher im Ergebnis nur schwer durchzusetzen sein.
Hintergrund:
Ähnlich skurrile Fallkonstellationen wie in Vorarlberg sind auch in Deutschland nicht unbekannt. Auch hierzulande haben Anträge auf Gewährung von Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung nach Schlägereien bereits die Sozialgerichte beschäftigt.
Bauleiter wollte Beleidigung nicht durchgehen lassen
Das SG Berlin hatte über die körperliche Auseinandersetzung eines Bauleiters mit einem LKW-Fahrer zu entscheiden. Der LKW-Fahrer hatte mit seinem Fahrzeug die Einfahrt zu einem Betriebsgelände blockiert. Der Bauleiter musste außerhalb parken und wurde anschließend von den LKW-Fahrer als „egoistisches Arschloch“ beschimpft. Darauf unterbrach der Bauleiter seinen Weg, ging zurück zum Lkw, um die Sache „auszudiskutieren“. Bei der anschließenden Schlägerei erlitt der Bauleiter eine Mittelgesichtsfraktur.
Abgrenzung zwischen privaten Streitigkeiten und betrieblichen Auseinandersetzungen
Das SG verweigerte dem Bauleiter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Begründung: Der Kläger habe seinen betrieblich veranlassten Weg verlassen, als er zum Lkw gegangen sei, um die Angelegenheit auszudiskutieren. Die darauffolgende körperliche Auseinandersetzung habe nicht betrieblichen, sondern privaten Zwecken, nämlich der Klärung einer persönlichen Verärgerung über die beleidigende Äußerung des Lkw-Fahrers gedient (SG Berlin, Urteil v. 16.2.2024, S 98 U 50/21).
LSG Baden-Württemberg bewertete Schlägerei als Arbeitsunfall
In einem anderen Fall hat das LSG Baden-Württemberg die Bewertung einer Schlägerei als Arbeitsunfall bejaht. Mehrere Arbeitskollegen waren in einem Transporter auf dem Weg von der Baustelle zurück zum Betriebsort des Arbeitgebers. Hierbei gerieten sie in Streit über die schlechte Luft im Fahrzeug und die Öffnung der Fenster. Es entwickelte sich eine Schlägerei im Fahrzeug, bei der einer der Mitfahrer eine schwere Schädelprellung erlitt. Hier bejahte das LSG einen unmittelbaren Bezug zwischen der Streitigkeit und der versicherten Tätigkeit und bewertete das Geschehen als Wegeunfall, der der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.11.2017, L 1 U 1277/17).