Erhöhte Anwaltsvergütung wegen widersprüchlicher Mandantenangaben
Dies hat das OLG Frankfurt im Fall der Verteidigung eines Beschuldigten entschieden, der gegenüber seinem Verteidiger widersprüchliche Angaben machte und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts durch den Anwalt erschwerte.
Mandat für zollrechtliches Clearingverfahren
Ein Mandant hatte eine Rechtsanwaltskanzlei gerichtlich auf Rückzahlung eines Teils der von ihm gezahlten und nach seiner Auffassung überhöhten Anwaltsvergütung in Anspruch genommen. Vorausgegangen war eine Mandatierung in einem zollrechtlichen Bußgeldverfahren und einem damit verbundenen Clearingverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche. Der Kläger hatte einen Dritten beauftragt, knapp 400.000 Euro in kleinen Geldscheinen in einem Koffer in die Türkei zu transportieren. Die Übergabe des Geldkoffers erfolgte am Flughafen und fiel den Behörden auf. Das Zollfahndungsamt stellte den Koffer wegen des Verdachts der Geldwäsche sicher.
Vergütungsvereinbarung mit Stundensatz von 400 Euro
Die beauftragte Anwaltskanzlei schloss mit dem Kläger eine Vergütungsvereinbarung. Diese sah ein Zeithonorar mit einem Stundensatz von 400 Euro sowie eine Mindestpauschale vor. Der Kläger machte im Verlauf des Verfahrens sowohl gegenüber den Behörden als auch gegenüber seinen Anwälten zum Sachverhalt widersprüchliche Angaben. Nachdem die StA das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verdachts der Geldwäsche eingestellt hatte, stellte die Anwaltskanzlei dem Kläger ein Anwaltshonorar in Höhe von 14.500 Euro auf der Grundlage von geleisteten 23,5 Stunden in Rechnung und zog diesen Betrag vom Konto des Klägers ein.
Mandant forderte 14.000 Euro Honorar zurück
Der Kläger forderte von der Kanzlei die Rückzahlung des eingezogenen Betrages abzüglich der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren, die sich nach seiner Berechnung auf etwas über 500 Euro beliefen. Erstinstanzlich war die Klage beim LG in Höhe von knapp 12.000 Euro erfolgreich. Die hiergegen eingelegte Berufung der Rechtsanwälte führte zu einer Herabsetzung des Rückzahlungsbetrages auf rund 6.700 Euro.
Keine rechtlichen Bedenken gegen getroffene Vergütungsvereinbarung
Das OLG stellte klar, dass der zwischen der Anwaltskanzlei und dem Kläger getroffenen Vergütungsvereinbarung keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken entgegenstehen. Im Rahmen der Mandatswahrnehmung seien spezielle, teilweise diffizile zollrechtliche Fragen zu klären gewesen. Das vereinbarte Stundenhonorar von 400 Euro sei vor diesem Hintergrund angemessen. (BGH, Urteil v. 13.2.2020, IX ZR 140/19).
Verteidiger müssen unklare Angaben aufklären
Nach Auffassung des OLG hatte der Kläger sowohl die Klärung der Rechtsfragen als auch des zugrundeliegenden Sachverhalts durch unklare Ausführungen bereits bei der Eingangsberatung durch die Anwaltskanzlei erheblich erschwert. Seine Ausführungen seien teilweise widersprüchlich, sachlich nicht nachvollziehbar und auch nach Beurteilung der Behörden in weiten Teilen unglaubhaft gewesen. Infolgedessen hätten seitens der Verteidigung die in der Ermittlungsakte befindlichen Unterlagen mit den Angaben des Klägers in Einklang gebracht werden müssen. Eine effektive und sachgerechte Verteidigung erfordere es, dass der Anwalt nicht jede Darstellung des Mandanten ungeprüft übernimmt und weitergibt. Vielmehr müsse der Verteidiger darauf achten, die Rechtsposition seines Mandanten nicht durch abwegige Einlassungen zu verschlechtern.
Unklare Mandantenangaben erhöhen den abrechenbaren Aufwand
Die verworrenen Sachverhaltsangaben des Mandanten hatten nach der Entscheidung des OLG Einfluss auf die Honorarhöhe. Wenn ein Beschuldigter durch widersprüchliche Angaben die Aufklärung erschwert und möglicherweise die gegen ihn gerichteten Verdachtsmomente sogar vertieft, so entstehe naturgemäß ein erhöhter Verteidigeraufwand im Bemühen um eine stringente und effektive Verteidigungsstrategie. Ein erhöhter Zeitaufwand infolge des Mandantenverhaltens sei daher nachvollziehbar und erhöhe den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts.
Berufung im Ergebnis nur teilweise erfolgreich
Dass die Berufung der Rechtsanwaltskanzlei gegen das erstinstanzliche Urteil nur teilweise erfolgreich war, ist auf 2 Faktoren zurückzuführen: Zum einen enthielt die Honorarabrechnung einen nicht unerheblichen Rechenfehler zugunsten der Kanzlei in Höhe von ca. 3.500 Euro, den das OLG korrigierte. Zum zweiten hatten die Anwälte unter Zugrundelegung der Grundsätze des BGH zur Darlegung und Begründung des Zeitaufwandes (BGH, Urteil v. 4.2.2010, IX ZR 18/09) nach Auffassung des Senats lediglich einen Zeitaufwand von 16,5 Stunden und nicht die in Rechnung gestellten 23,5 Stunden nachgewiesen
(OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 7.10.2024, 2 U 86/23)
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