Anwälte müssen per beA übersandte PDF-Anhänge überprüfen

Zum wiederholten Mal hat sich der BGH mit der Fristversäumnis infolge einer fehlerhaften Übersendung einer Rechtsmittelschrift per beA befasst. Wie in der Vergangenheit hat der BGH die Anforderungen an die anwaltlichen Sorgfaltspflichten eher hoch angesetzt und einen wegen Fristversäumnis gestellten Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt.
PDF-Anhang enthielt keine Berufungsschrift
Im konkreten Fall hatte ein Rechtsanwalt für die von ihm vertretene Partei am letzten Tag der Frist beim Berufungsgericht gegen ein erstinstanzliches Urteil Berufung einlegen wollen. Er übersandte eine persönlich signierte Nachricht über sein beA an das Berufungsgericht. Diese enthielt neben dem Prüfvermerk 2 Anhänge im PDF-Format. Ein Anhang enthielt das erstinstanzliche Urteil, der 2. Anhang mit dem Namen „Schriftsatz.PDF“ sollte die Berufungsschrift enthalten, enthielt aber lediglich ein leeres Blatt.
Berufungsschrift einen Tag nach Fristablauf übermittelt
Das Berufungsgericht wies den Anwalt am Folgetag auf diesen Umstand hin, worauf dieser die Berufungsschrift verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand übermittelte. Den Wiedereinsetzungsantrag begründete der Anwalt namens der von ihm vertretenen Partei damit, dass er bei der Fertigung der Berufungsschrift auf sein Textverarbeitungsprogramm „MS-Word“ sowie auf die in Anwaltskanzleien häufig verwendete Software „RA-Micro“ zurückgegriffen habe, die die Schnittstelle zwischen der Textverarbeitung und dem beA bilde.
Anwalt beruft sich auf sachgerechte Vorgehensweise
Der Prozessbevollmächtigte hatte nach seiner Darstellung die Berufungsschrift am Tag des Fristablaufs gefertigt und innerhalb des Textverarbeitungsprogramms mit dem angegriffenen Urteil verbunden. Eine erfolgreiche Verbindung sei von dem Programm auch angezeigt worden. Er habe sodann das Dokument fertig gestellt, gespeichert und in den Postausgang verschoben. Dort habe er das Dokument elektronisch signiert und an das LG versandt, sodass nach seiner Überzeugung eine Übermittlung der Berufungsschrift ordnungsgemäß erfolgt sein müsse.
Berufung als unzulässig verworfen
Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf diese Einlassung eine Überprüfung des Gerichtsservers veranlasst und dort keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Anschließend hat es den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verworfen. Gegen diese Entscheidung hat der Anwalt als Prozessbevollmächtigter seiner Partei Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt.
Rechtsbeschwerde ohne Erfolg
Der Rechtsbeschwerde blieb der Erfolg versagt. Nach Auffassung des BGH hat der ablehnende Beschluss der Vorinstanz die von dem Anwalt vertretene Prozesspartei weder in ihrem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, noch in ihrem Recht auf eine willkürfreie Entscheidung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG noch auf ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verletzt.
Fehlendes Verschulden nicht glaubhaft gemacht
Die Beschwerdeführerin hat nach der Bewertung des BGH nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr Prozessbevollmächtigter gemäß § 233 Satz 1 ZPO unverschuldet an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert gewesen sei. Der BGH vermisste insbesondere eine Glaubhaftmachung, dass der Prozessbevollmächtigte vor der elektronischen Signatur der PDF-Datei und der Übersendung an das Gericht den Inhalt der PDF-Datei kontrolliert habe.
Anwälte müssen Dokumente auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfen
Der BGH stellte klar, dass der signierende Rechtsanwalt die aus einem anderen Dateiformat in eine PDF-Datei umgewandelten Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift vor Übersendung an das Gericht per beA darauf überprüfen muss, ob ihr Inhalt dem Inhalt der Ausgangsdatei entspricht. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per beA entsprächen grundsätzlich den Anforderungen, die der BGH bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax bereits vor Einführung der verpflichtenden Kommunikation mit dem Gericht über das beA mehrfach präzisiert habe. Dazu gehöre insbesondere das Erfordernis, das Dokument, das signiert werden soll, vor Übersendung sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen (BGH, Beschluss v. 8.3.2022, VI ZB 78/21).
Entscheidend ist die Überprüfung des Enddokuments
Der BGH legte Wert auf die Feststellung, dass eine Überprüfung vor Konvertierung eines Dokuments in eine PDF-Datei nicht ausreiche. Entscheidend sei, dass das signierte Enddokument überprüft wird und nicht eine vorausgehende Datei, die durch Scan-, Kopier- und Speichervorgänge erst noch in die endgültige Form gebracht wird. Hier bestehe immer die Gefahr einer nicht beabsichtigten Veränderung. Die Darlegung der Beschwerdeführerin, dass die Umwandlung einer DOC-Datei in ein PDF-Format infolge technischen Versagens technisch leere Seiten erzeugen könne, ist nach Auffassung des BGH geradezu ein Argument dafür, dass eine Überprüfung der letztlich erstellten PDF-Datei auf inhaltliche Richtigkeit erforderlich sei. Bei einer Überprüfung wäre erkennbar gewesen, dass die PDF-Datei nur eine leere Seite enthalten habe.
Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen
Da die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihr Bevollmächtigter das endgültige PDF-Dokument auf inhaltliche Richtigkeit überprüft hatte, bewertete das Gericht die eingetretene Versäumung der Berufungsfrist nicht als unverschuldet. Im Ergebnis wies der BGH daher die Rechtsbeschwerde gegen die Versagung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück.
(BGH, Beschluss v. 17.12.2024, II ZB 5/24)
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