Rz. 24
Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer gem. §§ 38–42g EStG i.V.m. der LStDV durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (sog. Lohnsteuer). Maßgeblich ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses i.S.v. § 1 LStDV, aus dem Arbeitslohn bezogen wird. Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 EStG). Unter Arbeitslohn werden alle Einnahmen, Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert verstanden, die durch ein individuelles Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis veranlasst sind, d.h. dem Empfänger nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen (vgl. § 2 Abs. 1 LStDV) und Ertrag der nichtselbständigen Tätigkeit darstellen. Arbeitslohn sind demnach Einnahmen, die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zuverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen. Andererseits fehlt es am Charakter eines Arbeitslohns, wenn die Zuwendungen im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers gewährt werden (z.B. als Reisekostenzuschüsse an Außendienstmitarbeiter) oder auf eigenständigen Rechtsgründen beruhen (z.B. als Darlehenszinsen, Gratifikation, urheberrechtliche Verwertungsrechte oder Mieteinnahmen).
Rz. 24.1
Zum Arbeitslohn zählen auch sog. Drittlohnzahlungen (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG), wie sie z.B. im Dienstleistungsbereich in Form von (Pflicht-)Trinkgeldern üblich sind. Dem Lohnsteuerabzug unterliegen nur vom Arbeitgeber gezahlte Trinkgelder (z.B. im Gaststätten- und Hotelgewerbe), auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat und um deren Höhe der Arbeitgeber folglich weiß. Freiwillig von Dritten zugewendete Trinkgelder sind seit 2002 steuerfrei (§ 3 Nr. 51 EStG). Auch Aktienoptionsprogramme (sog. Stock Options) durch (ausländische) Mutterunternehmen an Mitarbeiter (deutscher) Tochtergesellschaften stellen Arbeitslohn dar. Hierbei treten zwei Grundkonstellationen auf, in denen Arbeitgeber und Lohnzahler nicht identisch sind:
Rz. 24.2
Die Lohnsteuerabzugspflicht nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG kann auch bei formal gegebener Drittzahlung eingreifen, wenn es sich (lediglich) um eine sog. unechte Drittlohnzahlung handelt, bei der ein Dritter als Zahlender in Erscheinung tritt, im Innenverhältnis jedoch mit dem Arbeitgeber abrechnet und dieser wirtschaftlich das Entgelt begleicht. In einem solchen Fall ist der Dritte bloß Zahlstelle bzw. Leistungsmittler des Arbeitgebers. Demzufolge greift bereits § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG ein. Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, die Lohnsteuer auch für den Zusatzlohn einzubehalten. In diesen Fällen wird ein geldwerter Vorteil formal nicht von dem Arbeitgeber, sondern von einem unabhängigen dritten Unternehmen zugewendet, diese Zuwendung ist allerdings dem Arbeitgeber und Lohnsteuerabzugsverpflichteten zuzurechnen. Allein das Bestehen eines Konzernverhältnisses rechtfertigt allerdings nicht die Annahme einer unechten Drittlohnzahlung. Selbst bei Bestehen eines Organschaftsverhältnisses kann aufgrund der fortbestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit der Konzernunternehmen nicht davon ausgegangen werden, dass etwa die Tochtergesellschaft wirtschaftlich einen von der Muttergesellschaft gewährten Zusatzlohn trägt.
Rz. 24.3
Hiervon zu unterscheiden ist der Fall einer sog. echten Drittlohnzahlung, in dem im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten, der nicht nur als Zahlstelle fungiert, Arbeitslohn gewährt wird. Dies verlangt, dass eine vom Arbeitgeber verschiedene Person sich eigenständig gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichtet und die Lohnzahlung wirtschaftlich selbst erbracht hat. Der Begriff "im Rahmen des Dienstverhältnisses" stimmt inhaltlich mit der Beschreibung "für eine Beschäftigung" in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG überein. Entscheidend ist für beide Normen, dass das Entgelt wirtschaftlich als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber angesehen werden kann, mithin Entlohnungscharakter aufweist.
Voraussetzung für die den Arbeitgeber treffende Lohnsteuerabzugspflicht bzgl. echter Drittlöhne war nach der bis 2003 geltenden Rechtslage (§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG a.F.), dass diese Art der Lohnzahlung "üblicherweise" erfolgte und der Arbeitgeber an den Zuwendungen mitgewirkt hat bzw. in den Zahlungsvorgang tatsächlich oder rechtlich eingeschaltet war. Ohnehin konnte er praktisch auch nur bei Kenntnis von Drittzahlungen und der für den Lohnsteuerabzug erforderlichen Daten seine Abzugspflicht überhaupt erfüllen. Der Einbehaltungspflicht unterlagen folglich nur die Entgeltleistungen, die entweder aus der Herrschaftssphäre des Arbeitgebers stammen oder aus der Sphäre eines Dritten, wovon der Arbeitgeber aber infolge einer gewissen Regelmäßigkeit ("Üblichkeit") oder eines gewissen Umfangs der Drittzahlung Kenntnis hat. Nur in dem Umfang, in welchem der Arbeitgeber in den Zahlungsvorgang eingeschaltet war, bestand auch die Einbehaltungspflicht. Denn nur i...