I. Verhältnis zu § 381 AO
Rz. 51
§ 382 Abs. 2 AO stellt ausdrücklich klar, dass die Gefährdung von Verbrauchsteuern, die als Einfuhrabgaben anzusehen sind (Einfuhrtatbestände der Verbrauchsteuergesetze; s. § 381 Rz. 11), nach § 382 AO zu ahnden ist. Insoweit ist die Gefährdung von Ein- und Ausfuhrabgaben gem. § 382 Abs. 1 AO Spezialvorschrift gegenüber der Gefährdung von Verbrauchsteuern nach § 381 AO. Das gilt aber nur, soweit die Vorschriften betreffend Zölle für Verbrauchsteuern sinngemäß gelten und in den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen und den dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen keine Sonderregelungen enthalten sind. Verweisungen auf die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften finden sich für verbrauchsteuerpflichtige Waren, die aus einem Drittland unmittelbar in das inländische Steuergebiet verbracht werden oder sich in einem Zollverfahren oder in einer Freizone/einem Freilager des Steuergebiets befinden (z.B. § 22 Abs. 3 AlkStG, § 18 Abs. 3 Satz 1 BierStG, § 147 Abs. 3 BranntwMonG, § 18 Abs. 3 Satz 1 SchaumwZwStG, § 13 Abs. 1 Satz 1 KaffeeStG, § 19b Abs. 3 Satz 1 EnergieStG und § 21 Abs. 3 TabStG).
Für die Einfuhrumsatzsteuer verweist § 21 Abs. 2 UStG auf die sinngemäße Anwendung der Vorschriften für Zölle mit den dort aufgeführten Ausnahmen.
II. Zusammentreffen mit den §§ 370, 378 AO
Rz. 52
§ 382 AO ist bei tateinheitlichem Zusammentreffen gegenüber den Verletzungstatbeständen der vorsätzlichen Hinterziehung nach § 370 AO (aufgrund allgemeiner Konkurrenzregeln) und der leichtfertigen Verkürzung nach § 378 AO (aufgrund der ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel in § 382 Abs. 3 AO) subsidiär. Ist eine Verkürzung von Einfuhrabgaben eingetreten und hat der Täter sie vorsätzlich oder leichtfertig bewirkt, kann die Tat nur nach den §§ 370, 378 AO geahndet werden. § 382 AO tritt auch dann zurück, wenn nur eine versuchte Eingangsabgabenverkürzung nach § 370 AO vorliegt.
Durch den frühzeitigen Eintritt des Verkürzungserfolgs bei der Zoll- und Einfuhrabgabenhinterziehung ist der Anwendungsbereich des § 382 AO erheblich eingeschränkt. So fällt beim klassischen Einfuhrschmuggel der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld und ihre Verkürzung zusammen, denn durch die vorschriftswidrige Verbringung (i.d.R. durch Nichtbeachtung des Zollstraßenzwanges und der Beförderungs- und Gestellungspflicht) entsteht die Zollschuld gem. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK (Art. 202 Abs. 1a ZK), die gleichzeitig verkürzt wird, da der Täter durch sein Verhalten von vornherein die Erfassung und damit auch die Festsetzung der geschuldeten Abgaben unmöglich macht. Für den Gefährdungstatbestand des § 382 AO bleibt deshalb nur Raum, wenn die besagten Zuwiderhandlungen weder auf Vorsatz bzw. Leichtfertigkeit, sondern auf einfacher Fahrlässigkeit des Täters beruhen.
Rz. 53
Erfüllen mehrere selbständige Handlungen (Tatmehrheit) neben dem Tatbestand des § 382 AO auch denjenigen des § 370 AO oder des § 378 AO, so ist nach jeder Vorschrift gesondert auf Geldbuße bzw. auf Strafe zu erkennen.
III. Zusammentreffen mit anderen Straftaten
Rz. 54
Bei tateinheitlichem Zusammentreffen findet nach § 21 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 377 Abs. 2 AO nur das Strafgesetz Anwendung. Tateinheit besteht z.B. zwischen einem Diebstahl (§ 242 StGB) und einer verbotswidrigen Beförderung des Diebesguts oder beim Zusammentreffen der unbefugten eigenmächtigen Verfügung über Versandgut durch den Warenempfänger und als Siegelbruch nach § 136 Abs. 2 StGB strafbaren Verschlussverletzungen. Entsprechendes gilt im Verhältnis zu einer nach §§ 372, 373 AO strafbaren verbotswidrigen Einfuhr (s. auch Rz. 11). Zur Tatmehrheit s. Rz. 53.