1. Deliktsnatur
Rz. 4
Entsprechend den Gefährdungstatbeständen der §§ 379–381 AO stellt § 382 AO eine gegenüber den Verletzungstatbeständen der §§ 370 und 378 AO subsidiär geltende Bußgeldnorm dar, die bestimmte Vorbereitungs- und Gefährdungshandlungen erfasst, die noch nicht zu einer (versuchten) Verkürzung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben geführt haben.
Wie bereits der Ordnungswidrigkeitentatbestand der Verbrauchsteuergefährdung (s. § 381 Rz. 4) schützt auch § 382 AO den Anspruch des Staates auf das Vollerträgnis der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben bereits im Vorbereitungsstadium und sanktioniert Zuwiderhandlungen, die im Hinblick auf das Abgabenaufkommen als besonders gefährlich erscheinen. Sie dient der Sicherung der zollamtlichen Überwachung des Warenverkehrs über die Grenze des Zollgebiets der EU sowie über die Freizonengrenzen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZollVG). § 382 AO ist ein sog. abstraktes Gefährdungsdelikt, d.h. durch das Gesetz wird unwiderlegbar vermutet, dass die Vornahme bestimmter Handlungen für das geschützte Rechtsgut gefährlich ist. Eine solche abstrakte Gefährdung ist bereits anzunehmen, weil generell durch die Verletzung der in den Verweisungskatalogen der § 31 ZollVG, § 30 ZollV enthaltenen Gebote oder Verbote auch Einfuhrabgaben gefährdet werden können.
Der Eintritt einer Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben gehört daher nicht zum Tatbestand der Bußgeldvorschrift und braucht vom Gericht auch nicht festgestellt zu werden. Kann jedoch im Einzelfall der Nachweis erbracht werden, dass die Pflichtverletzung für Einfuhrabgaben ungefährlich ist, kann gem. § 47 OWiG von einer Ahndung der Tat nach § 382 AO abgesehen werden (s. Rz. 44).
2. Blankettnorm und Erfordernis einer Rückverweisung
Rz. 5
§ 382 AO ist insoweit ein Blankettgesetz (s. zum Begriff § 370 Rz. 22 f.; § 377 Rz. 18; § 381 Rz. 5), als sich das für die Verhängung eines Bußgelds erhebliche Verhalten nicht aus der Vorschrift selbst, sondern aus den den Bußgeldtatbestand ausfüllenden nationalen und unionsweiten Zollvorschriften sowie aus den aufgrund § 382 Abs. 4 AO erlassenen Rechtsverordnungen des BMF mit den in ihnen genannten Verordnungen des Rates oder der Europäischen Kommission ergibt (s. Rz. 7 f.).
Rz. 6
Ebenso wie bei § 381 AO (s. § 381 Rz. 13 ff.) kann eine Zuwiderhandlung gegen Zollvorschriften und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen nach § 382 AO nur mit Geldbuße geahndet werden, wenn in diesen Gesetzen und Verordnungen wegen des verletzten Tatbestandes eine Rückverweisung auf die in § 382 Abs. 1 Nr. 1–3 AO genannten Tatalternativen enthalten ist. Diese Technik der Rückverweisung bildet eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage und genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Bußgeldtatbestand (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; § 3 OWiG). Das Verbot oder Gebot, dessen Verletzung nach § 382 Abs. 1 AO mit Bußgeld geahndet werden soll, muss sich unmittelbar aus dem Gesetz oder der Rechtsverordnung ergeben. Eine Zuwiderhandlung gegen Verwaltungsvorschriften und -verfügungen der Zollbehörden genügt nicht.
Das deutsche Zollrecht enthält abschließende Verweisungskataloge in § 31 ZollVG und § 30 ZollV (s. im Anhang unter Rz. 58). Zuwiderhandlungen gegen andere als die darin aufgezählten Vorschriften können nicht nach § 382 AO geahndet werden.
3. Maßgebliche Zollvorschriften und Rechtsverordnungen
Rz. 7
Zu den nationalen Zollrechtsbestimmungen (Zollgesetze und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen) i.S.v. § 382 Abs. 1 AO, auf die § 31 ZollVG und § 30 Abs. 1–3 ZollV Bezug nehmen, gehören nach der Vereinheitlichung des Zollrechts in der EU insbesondere:
- das Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) i.d.F. des Art. 1 des Zollrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.1992,
- die Zollverordnung (ZollV) vom 23.12.1993,
- die Verordnung über die Ausdehnung des grenznahen Raumes und die der Grenzaufsicht unterworfenen Gebiete vom 14.8.2014 (GrenzAV 2014),
- das Gesetz zur Ausführung der zoll- und steuerrechtliche...