1. Keine Geldbußen gegen Finanzbehörden und andere öffentliche Stellen
Rz. 27
§ 384a Abs. 4 AO statuiert ein "Behördenprivileg": Danach werden gegen Finanzbehörden und andere öffentliche Stellen im Anwendungsbereich der AO keine Geldbußen nach Art. 83 Abs. 4–6 DSGVO verhängt.
Durch diese Vorschrift macht der deutsche Gesetzgeber von der Öffnungsklausel des Art. 83 Abs. 7 DSGVO Gebrauch, im Anwendungsbereich der AO national zu regeln, ob und in welchem Umfang gegen Finanzbehörden und andere öffentliche Stellen Geldbußen verhängt werden können.
Rz. 28
Finanzbehörden in diesem Sinne sind gem. § 2a Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 AO:
§ 6 AO Behörden, öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, Finanzbehörden
[...]
(2) Finanzbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind die folgenden im Gesetz über die Finanzverwaltung genannten Bundes- und Landesfinanzbehörden:
|
1. das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden als oberste Behörden, |
|
2. das Bundeszentralamt für Steuern, das Informationstechnikzentrum Bund und die Generalzolldirektion als Bundesoberbehörden, |
|
3. Rechenzentren sowie Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist, als Landesoberbehörden, |
|
4. die Oberfinanzdirektionen als Mittelbehörden, |
|
4a. die nach dem Finanzverwaltungsgesetz oder nach Landesrecht an Stelle einer Oberfinanzdirektion eingerichteten Landesfinanzbehörden, |
|
5. die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen, die Zollfahndungsämter, die Finanzämter und die besonderen Landesfinanzbehörden als örtliche Behörden, |
|
6. Familienkassen, |
|
7. die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes und |
|
8. die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 40a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes). |
S. hierzu auch § 370 Rz. 251 ff.
Rz. 29
Öffentliche Stellen in diesem Sinne sind gem. § 2a Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1a–1c AO:
§ 6 AO Behörden, öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, Finanzbehörden
[...]
(1a) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, der Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.
(1b) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform.
(1c) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn
|
1. sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder |
|
2. dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht. |
Anderenfalls gelten sie als öffentliche Stellen der Länder.
Rz. 30
Das Privileg des § 384a Abs. 4 AO fällt damit den nicht-öffentlichen Stellen gem. § 6 Abs. 1d und Abs. 1e AO nicht zu. Nehmen also z.B. öffentliche Stellen des Bundes oder der Länder als öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teil, können sie sich nicht auf die Regelung des § 384a Abs. 4 AO berufen.
2. Sonstige Abhilfebefugnisse zulässig
Rz. 31
Art. 83 Abs. 7 DSGVO regelt, dass die Öffnungsklausel unbeschadet der sog. Abhilfebefugnisse der Aufsichtsbehörden gem. Art. 58 Abs. 2 DSGVO gilt. Die Verhängung von Geldbußen ist jedoch nur eine Maßnahme aus dem Katalog des Art. 58 Abs. 2 DSGVO (Art. 58 Abs. 2 Buchst. i DSGVO). Die übrigen Maßnahmen des Art. 58 Abs. 2 DSGVO können daher durch die Aufsichtsbehörde auch gegen eine Behörde oder öffentliche Stelle ergriffen werden. Danach besteht die Möglichkeit, die Finanzbehörde oder öffentliche Stelle
- zu warnen, dass beabsichtigte Verarbeitungsvorgänge voraussichtlich gegen diese Verordnung verstoßen,
- zu verwarnen, wenn sie mit Verarbeitungsvorgängen gegen diese Verordnung verstoßen haben,
- anzuweisen, den Anträgen der betroffenen Person auf Ausübung der ihr nach dieser Verordnung zustehenden Rechte zu entsprechen,
- anzuweisen, Verarbeitungsvorgänge ggf. auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraums in Einklang mit dieser Verordnung zu bringen,
- anzuweisen, d...