Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 647
Mit dem Eröffnungsbeschluss wird das Zwischenverfahren in das Hauptverfahren übergeleitet. Das Hauptverfahren gliedert sich in die Vorbereitung der Hauptverhandlung und die Hauptverhandlung selbst. Die Vorbereitung der Hauptverhandlung ist in den §§ 212–225a StPO geregelt.
a) Terminsanberaumung
Rz. 648
Der Termin zur Hauptverhandlung wird durch den Vorsitzenden des Gerichts anberaumt (§ 213 StPO), und zwar nach Ort, Tag und Stunde. Aus dem Grundsatz der Beschleunigung folgt die Pflicht, die Hauptverhandlung möglichst frühzeitig stattfinden zu lassen und dann zügig durchzuführen (s. Rz. 1373 ff., 872 ff.). Dies gilt besonders dann, wenn der Angeklagte sich in Haft befindet; dann muss sie binnen drei Monaten nach der Eröffnung des Hauptverfahrens stattfinden. Allerdings muss der Termin so weit hinaus anberaumt sein, dass für alle Verfahrensbeteiligten genügend Zeit zur Vorbereitung bleibt. Gerade im Steuerstrafverfahren ist zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Abstimmungen zwischen Angeklagtem, Verteidiger und steuerlichem Berater zeitaufwendig sein können. Lehnt das Gericht einen Antrag auf Terminverschiebung ab, so ist dagegen grds. eine Beschwerde ausgeschlossen (§ 305 Satz 1 StPO), ggf. kann sie aber auf die fehlerhafte Ausübung des Ermessens gestützt werden.
b) Ladungen
Rz. 649
Die zur Hauptverhandlung erforderlichen Ladungen werden vom Vorsitzenden des Gerichts angeordnet und von der Geschäftsstelle ausgeführt (§ 214 Abs. 1 StPO). Unbenommen bleibt es jedoch der StA, weitere Personen unmittelbar zu laden (§ 214 Abs. 3 StPO). Auch die Herbeischaffung der Beweisgegenstände wird i.d.R. von der StA bewirkt (§ 214 Abs. 4 StPO).
Schließlich hat auch der Angeklagte selbst das Recht, Zeugen und Sachverständige zur Hauptverhandlung unmittelbar zu laden (§ 220 StPO). Vgl. dazu die Ausführungen unter Rz. 651 ff.
Zu laden sind der Angeklagte (§ 216 StPO; Frist eine Woche vor der Hauptverhandlung, § 217 StPO), der Verteidiger (§ 218 StPO) sowie die Zeugen und Sachverständigen.
Die FinB wird zwar nicht formell geladen; ihr wird jedoch der Termin zur Hauptverhandlung mitgeteilt (§ 407 Abs. 1 Satz 3 AO).
Rz. 650
Der Angeklagte kann nach Ablehnung seines Beweisantrags oder auch ohne vorherigen Antrag selbst Zeugen und Sachverständige zur Hauptverhandlung laden (§ 220 StPO). Der Vorsitzende muss die Beweisaufnahme auf diese Personen – sofern sie in der Hauptverhandlung erscheinen – erstrecken (§ 245 Abs. 2 Satz 1 StPO). Dieses Ladungsrecht ist, obwohl es in der Praxis wenig wahrgenommen wird, eine der wichtigsten prozessualen Befugnisse des Angeklagten und damit auch des Verteidigers. Oftmals wird es sich empfehlen – schon um Auseinandersetzungen mit dem Vorsitzenden über die Erheblichkeit der Beweisaufnahme zu vermeiden und das Überraschungsmoment zu nutzen – ohne vorherige Stellung eines Beweisantrags (§ 219 StPO) unmittelbar den für die Verteidigung wichtigen Zeugen zu laden.
Rz. 651
Bei der Selbstladung beauftragt der Angeklagte den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung der Ladung (§ 38 StPO). Er muss den unmittelbar geladenen Personen ihre Zeugen- oder Sachverständigengebühren bar anbieten oder bei der Geschäftsstelle des Gerichts hinterlegen; andernfalls sind sie zum Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht verpflichtet (§ 220 Abs. 2 StPO). Gemäß § 222 Abs. 2 StPO hat der Angeklagte die von ihm geladenen Beweispersonen rechtzeitig dem Gericht und der StA namhaft zu machen und ihren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben.
Rz. 652
Von den unmittelbar geladenen Zeugen oder Sachverständigen sind die "gestellten" Beweispersonen zu unterscheiden, welche vom Angeklagten ohne formelle Ladung in die Hauptverhandlung mitgebracht werden. Sie sind nicht präsente Beweismittel i.S.d. § 245 StPO. Zu ihrer Vernehmung bedarf es eines Beweisantrags nach § 244 Abs. 3 StPO.
Rz. 653
Gemäß § 222 Abs. 1 StPO hat das Gericht den Verfahrensbeteiligten rechtzeitig die geladenen Zeugen und Sachverständigen namhaft zu machen und ihren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. Den Beteiligten soll dadurch ermöglicht werden, rechtzeitig Erkundigungen über die Beweisperson einzuholen, und der Angeklagte kann erwägen, welche Beweismittel er ggf. selbst beibringen soll. Bei unterlassener oder verspäteter Benachrichtigung kommt u.U. eine Aussetzung in Betracht (§ 246 Abs. 2–4 StPO).
c) Besetzungsrüge
Rz. 654
Durch die StPO-Reform 2019 wurde für Strafverfahren im ersten Rechtszug vor dem Landgericht oder Oberlandesgericht ein Vorabentscheidungsverfahren für Besetzungsrügen eingeführt.
Rz. 654.1
Erfolgt die Mitteilung der Besetzung des Gerichts einschl. der Ergänzungsrichter oder Schöffen nach § 222a Abs. 1 Satz 2 StPO vor Beginn der Hauptverhandlung, muss das Ablehnungsgesuch unverzüglich nach Namhaftmachung, also "ohne schuldhaftes Verzögern" angebracht werden, sonst ist es unzulässig (§ 25 Abs. 1 Satz 2 StPO ...