Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
aa) Polizeiliche Befugnisse
Rz. 93
§ 404 Satz 1 AO weist den Zollfahndungsämtern und den mit der Steufa betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden sowie ihren Beamten im Steuerstrafverfahren dieselben Rechte und Pflichten zu wie den Behörden und Beamten des Polizeidienstes (s. Rz. 75). Die Steufa kann somit als "Kriminalpolizei der Finanzverwaltung" oder als "Steuerpolizei" bezeichnet werden.
bb) Befugnisse als Ermittlungspersonen der StA
Rz. 94
Die Fahndungsstellen sind gem. § 404 Satz 2 AO darüber hinaus mit den strafprozessualen Zwangsbefugnissen nach § 399 Abs. 2 Satz 2 AO ausgestattet (s. Rz. 72, 76). Daneben steht ihnen das Recht zur Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen zu (§ 404 Satz 2 AO, § 110 Abs. 1 StPO). Ihre Beamten haben gem. § 404 Satz 2 Halbs. 2 AO den Status der Ermittlungspersonen der StA (s. Rz. 73 ff.).
Die Fahndungsdienste werden als Hilfsorgane bei den Ermittlungen der StA bzw. der FinB tätig (s. Rz. 66 Tabelle 2 Ziff. 1 und 2). Als Ermittlungspersonen der StA unterstehen die Fahndungsbeamten der Weisungsbefugnis der StA bzw. der selbständig ermittelnden FinB.
cc) Grenzen der Ermittlungstätigkeit
Ergänzender Hinweis: Nr. 21 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 21).
(1) Allgemeindelikte
Rz. 95
Die Rechte und Pflichten der Steuer- und Zollfahndung bestehen aber nur "im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten" (§ 404 AO; vgl. zum Begriff der Steuerstraftat § 369 Abs. 1 AO). Sachlich unzuständig ist sie mithin für die Ermittlung nichtsteuerlicher Delikte, es sei denn, sie sind von Gesetzes wegen ausdrücklich hierzu befugt.
So weisen z.B. § 21 Abs. 3 Satz 2 AWG und § 37 Abs. 3 Satz 2 MOG den Hauptzollämtern und Zollfahndungsämtern Ermittlungskompetenzen hinsichtlich der Außenwirtschafts- und Marktordnungszuwiderhandlungen zu (vgl. den Wortlaut "Sie sind insoweit ... Ermittlungspersonen der StA").
Auch die Prüfungsaufgaben der FKS sind inzwischen auf nichtsteuerliche Taten ausgeweitet worden (vgl. den Katalog in § 2 Abs. 1 Nr. 1–8 SchwarzArbG sowie §§ 14–14c SchwarzArbG betr. § 266a StGB). S. dazu näher § 370 Rz. 1287 ff., 1292 ff.
Rz. 96
Im Übrigen ist umstr., ob die Steuer- und Zollfahndung auch für die Erforschung von materiell oder prozessual tateinheitlich mit der Steuerstraftat zusammentreffende Allgemeindelikten (sog. Zusammenhangstaten) zuständig ist. Näheres hierzu ist bei § 386 Rz. 89 ff., 181 ff. dargestellt.
(2) Flankenschutz
Rz. 97
Gängige Praxis der Finanzverwaltung ist es mittlerweile, unter Beteiligung der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung "Kombiprüfungen" durchzuführen bzw. die Steuerfahndung als "Flankenschutz" der Betriebsprüfung heranzuziehen (s. auch Rz. 291, 1111, 1112). Dabei wird auf den Effekt der Überraschung und des Zufalls gesetzt. Die Aufgabe eines Flankenschutzfahnders ist es, unklare Sachverhalte zu ermitteln und aufzuklären – er wird auch als Sachverhaltsermittler bezeichnet. Allerdings ermittelt er verdachtsunabhängig. Die Finanzverwaltung hält dieses Prüfkonzept für rechtens. Steuerfahnder könnten auf Ersuchen des FA bereits im steuerlichen Ermittlungsverfahren tätig werden.
Rz. 98
Der Einsatz der "Flankenschützer" muss aber kritisch gesehen werden. Für ein derartiges Vorgehen bedarf es sowohl einer gesetzlichen Grundlage für die Zuständigkeit der Steufa im Besteuerungsverfahren als auch einer Ermächtigungsgrundlage zur Vornahme bestimmter Ermittlungen. Als Zuständigkeitsregelungen für den Flankenschutz werden die § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 1 AO angewandt. Eine Vermischung beider Verfahren ist jedoch ebenso unzulässig wie ein beliebiger Rollenwechsel der Fahndungsbeamten. Ebenso ist für die Wahl der Rechtsbehelfe und des Rechtsweges eine deutliche Unterscheidung wichtig. Flankenschutzfahnder dürfen keinesfalls ohne Durchsuchungsbeschluss – zusammen mit Finanzbeamten – Wohnungen betreten oder verdeckt ermitteln, wenn bereits der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht.
Auch der BFH hat diese Grenzen für den Einsatz des Flankenschutzes durch die Steufa betont. Danach ist der Einsatz besonders begründungsbedürftig. Der BFH hat jedoch die Anordnung einer Außenprüfung bei Bestehen des Verdachts einer Steuerstraftat für zulässig erklärt. Zur Frage eines Verwertungsverbots s. Rz. 291, 1109, 1111, 1112.
Rz. 99
Darüber hinaus folgt aus der abschließenden Regelung des § 404 AO, dass weitergehende Befugnisse für die Steuer- ...