Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 33
§ 391 Abs. 1 AO trifft eine von den vorstehend geschilderten allgemeinen Gerichtsständen der §§ 7 ff. StPO abweichende Zuständigkeitsregelung für Steuerstrafsachen. Zwar ist in § 391 Abs. 1 AO im Unterschied zum früheren Recht (s. Rz. 1) nicht mehr ausdrücklich Bezug genommen auf das Steuerstrafverfahren, dies ergibt sich aber ohne weiteres aus dem Standort der Vorschrift und dem Sachzusammenhang (s. auch § 391 Abs. 3 AO und arg. e§ 391 Abs. 4 AO). Daher gilt sie auch bei sog. Analogtaten (s. § 386 Rz. 55) und im steuerlichen Bußgeldverfahren (s. Rz. 13 f.).
Rz. 34
Gemäß § 391 Abs. 1 Satz 1 AO ist für das Hauptverfahren örtlich zuständig allein dasjenige AG, in dessen Bezirk das LG seinen Sitz hat, es sei denn, aufgrund LänderVO besteht eine abweichende Regelung (s. Rz. 62, 65 ff.).
Rz. 35
Die Auswirkungen dieser Regelung lassen sich am besten an dem nachfolgenden Beispiel veranschaulichen:
Beispiel
Der in Euskirchen wohnende Täter T arbeitet als Geschäftsführer einer GmbH in Brühl. Durch falsche Angaben gegenüber dem für die GmbH zuständigen FA kommt es zu erheblichen Steuerverkürzungen. Er wird in Neuwied gestellt.
Ohne die Regelung des § 391 Abs. 1 Satz 1 AO könnte Anklage erhoben werden bei den AG Brühl (Tatort, § 7 StPO), Euskirchen (Wohnsitz, § 8 Abs. 1 StPO) oder Neuwied (Ergreifungsort, § 9 StPO).
Demgegenüber führt die Zuständigkeitskonzentration gem. § 391 Abs. 1 Satz 1 AO dazu, dass für das Hauptverfahren zuständig sind entweder das AG Köln (AG Brühl – LG-Bezirk Köln), das AG Bonn (AG Euskirchen – LG-Bezirk Bonn) oder das AG Koblenz (AG Neuwied – LG-Bezirk Koblenz).
Rz. 36
Gibt es in einem AG-Bezirk mehrere LG (so z.B. in München im Bezirk des AG München das LG München I und das LG München II), dann ist das eine AG (= AG München) zuständig für sämtliche Steuerstrafsachen aus dem Bezirk beider LG, wenn nicht aufgrund landesrechtlicher VO etwas anderes gilt (s. aber für München § 34 GZVJu, s. Rz. 68: AG München über den gleichnamigen Bezirk hinaus auch für LG München II).
Rz. 37
Die örtliche Zuständigkeit des AG ist vom Gericht gem. § 16 Satz 1 StPO bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen zu prüfen. Danach darf das Gericht seine Unzuständigkeit gem. § 16 Satz 2 StPO nur noch auf Einwand des Angeklagten (spätestens zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache) aussprechen (§ 16 Satz 3 StPO). Näheres zum weiteren Prozedere und zur Rüge der Unzuständigkeit s. Rz. 95 ff.
Rz. 38– 39
Einstweilen frei.