Schrifttum:
Vgl. Nachweise vor Rz. 306.
a) Überblick
Rz. 591
Sofern man während laufender Durchsuchung mandatiert wird, hat man den Dursuchungsort aufzusuchen oder – bei Verhinderung – dafür zu sorgen, dass ein damit vertrauter Kollege die Durchführung vor Ort begleitet.
Rz. 592
Die Durchsuchung unterscheidet sich rechtlich nicht von Durchsuchungen in anderen Deliktsfeldern, allerdings hatten die Steuerfahnder – anders als Polizeibeamte – schon seit jeher das eigenständige Recht zur Sichtung von Papieren (vgl. § 404 AO mit § 110 StPO).
Rz. 593
Zur Durchsuchung im Einzelnen vgl. § 385 Rz. 241 ff.; § 399 Rz. 150 ff. Nachfolgend sollen aus Verteidigersicht nur wenige Hinweise zu ausgewählten Punkten gegeben werden, die in der Praxis teilweise untergehen.
Rz. 594– 595
Einstweilen frei.
b) Zwei goldene Regeln
Rz. 596
Gegen zwei goldene Regeln, die jeder Verteidiger kennt und seinem Mandanten mitteilen sollte, wird in der Praxis immer wieder verstoßen:
Rz. 597
"Schweigen ist Gold": Hier gilt es. Es bestehen keinerlei Mitwirkungspflichten des Mandanten. Als Beschuldigter hat er das absolute Recht zu schweigen. So klar dies ist, so häufig wird in der Durchsuchungssituation dagegen verstoßen. Gerade Durchsuchungen von Privaträumen dienen im Steuerverfahren teilweise nicht primär dem Auffinden von Beweismitteln. In den Privaträumen werden sich zentrale Beweismittel i.d.R. nicht finden lassen, mag auch das eine oder andere mitgenommen werden. Im Vordergrund mancher Durchsuchung von Privaträumen steht der Wunsch, den Stpfl. zu verunsichern und zum Rechtfertigungsgespräch zu motivieren – neben apokryphen Haftgründen (§ 385 Rz. 504; § 399 Rz. 617 ff.) gibt es ebensolche Durchsuchungsgründe. Das funktioniert häufig selbst dann, wenn der Verteidiger den Mandanten zuvor noch ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, zu schweigen. Wenn ein Mandat früh genug übernommen wird und absehbar ist, dass es zu einer auch durch eine etwaige Selbstanzeige nicht mehr abwendbaren Durchsuchung kommen könnte, ist es von zentraler Bedeutung, mit dem Mandanten seine Rechte durchzugehen und in geeigneten Fällen auch einmal eine Durchsuchung durchzuspielen (sog. dawn raid).
Gegebenenfalls. wird man bei einer entsprechenden Erwartung auch die potentiellen Beweismittel heraussuchen und samt Kopien für eigene Zwecke zum Zwecke der Beschlagnahme bereitstellen, um Zufallsfunde zu vermeiden. Hingegen könnte ein Verlagern von Beweismitteln ebenso eine Verdunkelungsgefahr begründen wie die (grds. zulässige) Kontaktaufnahme mit potentiellen Zeugen und auf diese Weise einen Haftgrund darstellen. Gleiches würde gelten für ungewöhnliche Reiseaktivitäten oder die Bildung von ausländischen Kapitalreserven (Fluchtgefahr). Zur damit verbundenen Gefahr der Untersuchungshaft vgl. § 385 Rz. 497 ff.; § 399 Rz. 590 ff.
Rz. 598
"Keine Panik, Ruhe bewahren!": Die Durchsuchung ist für den persönlich betroffenen Mandanten oft beängstigend. Gleichwohl ist die Regel wichtig, denn Aktionismus schadet. In der Durchsuchungssituation kann man (fast) nichts regeln, der Mandant ist und sollte sich auf Passivität beschränken. Die Dinge, die man regeln kann (z.B. Detaillierung der Nachweisung, Versiegelung von Unterlagen, Kopieren von Beweismitteln, ggf. Heraussuchen von bestimmten Unterlagen), werden vom Anwalt, nicht vom Mandanten geregelt.
Rz. 599
Diese Regeln hat der Verteidiger dem Mandanten zu vermitteln! Kann sich der Mandant nicht an die beiden Regeln halten, sollte man ihm nahelegen, die Durchsuchungsräumlichkeiten zu verlassen. Es besteht eine Pflicht zur Passivität und ein Verbot der Störung der Durchsuchung (§ 164 StPO). Es besteht aber keine Pflicht zur Anwesenheit bei einer Durchsuchung, ein "Stubenarrest" lässt sich allenfalls in engen Grenzen durch § 164 StPO rechtfertigen und ist jedenfalls im Übrigen rechtswidrig. Das bloße Verlassen der Räume stört (§ 164 StPO) die Durchsuchung auch nicht. Dies mag die Ermittler irritieren und man mag – des vertrauensbildenden Umgangs halber oder mit Blick auf die Vorbeugung einer Annahme der Flucht (Haftgrund, § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO) – dies dem Ermittlungsführer mitteilen, ggf. mit ihm abstimmen.
Rz. 600
Einstweilen frei.
c) Vernehmungen während der Durchsuchung
Rz. 601
Teilweise wird versucht, die Durchsuchungssituation – über den richterlichen Beschluss hinaus – zur Durchführung von Vernehmungen zu nutzen.
Rz. 602
Insoweit stellen sowohl der Mandant als auch Dritte, bspw. Mitarbeiter, die bei der Durchsuchung gegenwärtig sind, aus Sicht der Verteidigung ein unkalkulierbares Risiko dar. Dem Versuch des Ermittlungsbeamten, den Überraschungseffekt der Maßnahme zur Informationsgewinnung zu nutzen, muss die Verteidigung – nicht nur hinsichtlich des Mandanten, sondern auch mit Blick auf die Mitarbeiter etc. – entgegentreten.
Rz. 603
Zwar kann man eine Vernehmung durch die StraB...