Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 24
Die FinB kann ihr Akteneinsichts- und Besichtigungsrecht durch einen formfreien Antrag geltend machen, der im Ermittlungsverfahren (auch wenn sich die Akten bei der Polizei befinden) und nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens (also im Vollstreckungsverfahren) an die zuständige StA (vgl. Nr. 183 RiStBV: im Vollstreckungsverfahren auch der Rechtspfleger) bzw. im Zwischen-, Haupt- und Rechtsmittelverfahren an den Vorsitzenden des zuständigen Gerichts (vgl. § 147 Abs. 5 Satz 1, § 478 Abs. 1 Satz 1 StPO) zu richten ist. Im Strafbefehlsverfahren wird das Gericht mit Eingang des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls (§ 407 Abs. 1 StPO) zuständig.
Rz. 25
Die Ablehnung des Antrags erfordert einen Bescheid mit kurzer Begründung (vgl. Nr. 188 RiStBV). Wird der Antrag durch die StA abgelehnt, so hat die FinB auf jeden Fall die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde.
Die Ablehnung durch die StA kann aber auch gerichtlich überprüft werden, wenngleich dies ersichtlich ohne praktische Relevanz ist, da anscheinend entsprechenden Anträgen der FinB seitens der Justiz stets Folge geleistet wird. Als genereller Rechtsbehelf kann neben § 478 Abs. 3 Satz 1 StPO auch analog § 406e Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO (vgl. auch § 147 Abs. 5 Satz 2 StPO) gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 StPO zuständige Gericht (sog. Ermittlungsgericht, s. dazu § 391 Rz. 40 ff.) beantragt werden. Die gerichtliche Entscheidung ist dann unanfechtbar (analog § 161a Abs. 3 Satz 4 StPO).
Rz. 26
Nach überwiegender Ansicht im allgemeinen Strafprozessrecht kann bei einer Ablehnung durch das Gericht gegen die Entscheidung Beschwerde gem. § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 StPO eingelegt werden. § 305 StPO stehe dem nicht entgegen. Dies gelte auch im Rahmen des § 395 AO. Tormöhlen hält demgegenüber mit Recht diese zur Ablehnung der Akteneinsicht des Verteidigers im Rahmen des § 147 StPO entwickelte Rechtsauffassung nicht für übertragbar. Insoweit gelte § 406e Abs. 4 Satz 3 StPO analog, danach sei die Entscheidung des Vorsitzenden unanfechtbar.
Rz. 27
Streitig ist, ob auch der Beschuldigte ein Anfechtungsrecht gegen die Gewährung der Akteneinsicht nach § 395 AO hat. Auch hier wird man mit der h.M. im allgemeinen Strafprozessrecht in analoger Anwendung des § 406e Abs. 4 Satz 2 StPO dem Beschuldigten das Recht einräumen müssen, diese Entscheidung nach § 406 Abs. 4 Satz 2 StPO mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 161a Abs. 3 Satz 2–4 StPO anzufechten. Die Geltendmachung dieses Rechtsbehelfs wird in der Praxis aber daran scheitern, dass der Beschuldigte über die Gewährung der Akteneinsicht nicht in Kenntnis gesetzt wird.