a) Gegenstand der Anfechtung
Rz. 77
Bei Entscheidungen des Gerichts ist hinsichtlich der Anfechtbarkeit danach zu unterscheiden, ob gegen die Anordnung der Aussetzung oder gegen die Ablehnung der beantragten Aussetzung vorgegangen werden soll (s. Rz. 78 bzw. 79). Für die Anfechtbarkeit ist von größter Bedeutung, ob die Entscheidung des Gerichts über die Aussetzung begründet werden muss. Denn nur anhand der Gründe lässt sich überprüfen, ob das Gericht alle wesentlichen Punkte bedacht, richtig gewichtet und bei der Entscheidungsfindung mit einbezogen hat. Bei dem Beschluss handelt es sich nicht nur um eine – nicht begründungspflichtige – prozessleitende Verfügung, sondern um eine durch Rechtsmittel anfechtbare Entscheidung i.S.d. § 34 Alt. 1 StPO, so dass die Aussetzungsbeschlüsse zu begründen sind, um dem Revisionsrichter, aber auch den Strafverfolgungsbehörden, der Verteidigung und dem Angeklagten die Möglichkeit zur Überprüfung der tatrichterlichen Erwägungen bei der Aussetzungsentscheidung zu geben (s. Rz. 71). Damit kommt es auf den Streit um die Auslegung der Alt. 2 des § 34 StPO (Begründungspflicht nur bei Antragsgebundenheit der Entscheidung, damit entbehrlich bei § 396 AO) nicht an. Eine Begründungspflicht wird aber selbst dann angenommen, wenn der Aussetzungsbeschluss unter § 34 Alt. 2 StPO subsumiert würde. Die h.M. verlangt unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs und der dem Gericht obliegenden Fürsorgepflicht nämlich auch in diesen Fällen eine Begründung, vor allem dann, wenn ein Prozessbeteiligter dem Antrag des anderen widersprochen hat.
b) Aussetzungsbeschluss
Rz. 78
Die Anfechtung des die Aussetzung anordnenden Beschlusses mit der Beschwerde (§ 304 StPO) ist im Hinblick auf § 305 StPO zutreffenderweise nur in beschränktem Umfang zulässig.
Ob ein Aussetzungsbeschluss mit der Beschwerde anfechtbar ist, ist gleichwohl umstritten. Teilweise wird die Zulässigkeit der Beschwerde generell verneint, da es sich bei der Aussetzung des Verfahrens um eine nicht beschwerdefähige einfache Verfahrensmaßnahme handele. Demgegenüber wird die Zulässigkeit der Beschwerde teilweise auch generell bejaht, wobei aber der Umfang der Nachprüfung des Aussetzungsbeschlusses gleichzeitig darauf beschränkt wird, ob ein vernünftiger Grund dafür bestand.
Nach der zustimmungswürdigen h.M. ist die Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss grds. unzulässig, da die Aussetzung regelmäßig in einem inneren Zusammenhang mit dem Urteil steht und dieses vorbereitet (§ 305 StPO). Eine Beschwerde kommt aber ausnahmsweise in Betracht, sofern es an diesem inneren Zusammenhang fehlt, weil die Aussetzung der Entscheidung nicht dienlich ist und nur zur Verfahrensverzögerung führt. Das gilt auch dann, wenn der Beschluss überhaupt gesetzeswidrig ist, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 396 AO nicht vorlagen. Letzteres kommt in Betracht, wenn die Steuerrechtslage schon nicht zweifelhaft ist, wenn es an der Vorfragenabhängigkeit fehlt oder der Aussetzungszweck nicht zu erreichen ist, weil die FinB ihrerseits erklärt, den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten. Nach Ansicht des LG Halle (Saale) soll es für die Anfechtbarkeit des Aussetzungsbeschlusses auch genügen, dass der Beschluss entgegen § 34 Alt. 1 StPO nicht mit Gründen versehen ist. Die Ermessensentscheidung, ob die Aussetzung zweckmäßig ist, kann durch das Beschwerdegericht nicht nachgeprüft werden.
c) Ablehnender Beschluss
Rz. 79
Hat das Gericht die Aussetzung des Verfahrens abgelehnt, so ist die Beschwerde nach § 304 StPO gegen diesen Beschluss nicht zulässig, denn auch hierbei handelt es sich um eine dem Urteil vorangehende Entscheidung i.S.d. § 305 StPO.
Rz. 80
Allerdings kann die Nichtanwendung des § 396 AO zusammen mit dem Rechtsmittel gegen das Urteil (Berufung oder Revision) gerügt werden, weil nicht auszuschließen ist, dass das Strafgericht bei Kenntnis vom Ausgang des Steuerverfahrens anders entschieden hätte und daher das Urteil auf der fehlerhaften Nichtanwendung des § 396 AO beruht. In der Revision wird es sich bei dieser Rüge i.d.R. nicht um eine solche i.S.d. § 338 Nr. 8 StPO (unzulässige Beschränkung der Verteidigung) handeln, sondern um die Rüge eines einfachen Verfahrensfehlers (§ 337 StPO), so dass dargetan werden muss, dass die Nichtanwendung des § 396 AO rechtsfehlerhaft war (Verkennung der Vorfragenabhängigkeit, fehlerhafte Ermessensausübung) und das Urteil möglicherweise darauf beruht. So muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Urteil und der fehlerhaften Ablehnung der Aussetzung nach § 396 AO bestehen (sog. Beruhensfrage). Hierbei kommen zum einen das Übersehen eines Aussetzungsantrags in der Tatsacheninstanz sowie Fälle der fehlerhaften Ermessenausübung in Betracht.
Allein der Umstand, dass der Tatrichter, der sich der Aussetzungsmöglichkeit gem. § 396 AO während des Verfahrens durchaus bewusst war, keine Zweifel bzgl. der steuerrechtlichen Vorfr...