Rz. 2
[Autor/Stand] Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens hat verschiedene strafrechtlich und steuerrechtlich bedeutsame Folgen. Dabei ist zu differenzieren:
Mit Beginn der Strafverfolgung, also mit Einleitung des Strafverfahrens durch eine Maßnahme i.S.d. § 397 Abs. 1 AO
- hat der Stpfl., gegen den sich der Tatverdacht eines Steuerdeliktes richtet, die Rechtsstellung eines Beschuldigten mit allen sich daraus ergebenden strafprozessualen Rechten[2]. Dieser ist – generell wie jeder Beschuldigte im Strafverfahren – berechtigt, die Aussage zu verweigern, jedoch mit der Einschränkung, nur soweit er sich dadurch selbst wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit belasten müsste (s. Rz. 50). In jedem Fall kann die steuerliche Mitwirkung nicht mehr zwangsweise durchgesetzt werden (§ 393 Abs. 1 Satz 2 AO; zum faktischen Auskunfts- und Mitwirkungsverweigerungsrecht s. § 393 Rz. 24 ff., 48 ff.).
- In steuerrechtlicher Hinsicht bleiben die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten unberührt (§ 393 Abs. 1 Satz 1 AO), doch besteht ein Verbot von Zwangsmitteln nach der AO (§§ 328 ff. AO), wenn sich der Stpfl. dadurch selbst wegen des gegen ihn erhobenen Strafvorwurfs belasten müsste (§ 393 Abs. 1 Satz 2, 3 AO). Zu den Auswirkungen der Einleitung des Strafverfahrens auf die Steuererklärungspflichten s. Rz. 54.1 sowie eingehend § 393 Rz. 44 ff. Die Einleitung des Strafverfahrens wirkt sich auch auf die Zuständigkeit der FinB (§ 386 Abs. 1 Nr. 2, 3, Abs. 2 AO), die Durchbrechung des Steuergeheimnisses (vgl. §§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1b AO), den Ablauf der Festsetzungsverjährung bei Ermittlungen der Zoll- und Steuerfahndung (§ 171 Abs. 5 Satz 1 AO) sowie den Beginn der Festsetzungsfrist von Hinterziehungszinsen (§ 239 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO; s. Rz. 54.2) aus.
Erst mit der Bekanntgabe der Einleitung gem. § 397 Abs. 3 AO (also nicht bereits mit der ersten faktischen Maßnahme bzw. mit dem internen Einleitungsvermerk)
- an den Beschuldigten oder einen Vertreter ist eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen (§ 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, § 378 Abs. 3 AO; s. dazu Rz. 51 sowie § 371 Rz. 554 ff.),
- wird zudem die Verjährung der Strafverfolgung unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 369 Abs. 2, § 376 AO; s. Rz. 52 sowie § 376 Rz. 150 ff.).
Auswirkungen zeigen sich zudem bei der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist (§ 171 Abs. 5 Satz 2 AO) und der Reichweite des Steuergeheimnisses (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a, § 393 Abs. 2 AO).
Rz. 3
[Autor/Stand] Spätestens mit der Aufforderung, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, ist dem Beschuldigten die Einleitung des Strafverfahrens bekannt zu geben (§ 397 Abs. 3 AO); gleichzeitig ist er über sein Schweigerecht (§ 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 3 Satz 2 StPO i.V.m. § 385 Abs. 1, § 399 Abs. 1 AO) und das Verbot von Zwangsmitteln zu belehren (§ 393 Abs. 1 Satz 2–4 AO). Bei Verletzung der Bekanntgabe- und Belehrungspflichten steht bzgl. der erlangten Erkenntnisse ein Verwertungsverbot im Raum (s. Rz. 41 ff.).
Damit der Beschuldigte seine ihm im Ermittlungsverfahren zustehenden Rechte in vollem Umfang wahrnehmen kann, ist es wichtig, den Zeitpunkt der Einleitung eines solchen Verfahrens zu kennen. Allein anhand objektiv erkennbarer Umstände lässt sich dies für den Betroffenen in Steuerstrafsachen schwieriger als in gewöhnlichen Strafverfahren erkennen. Eine Vielzahl von Maßnahmen der FinB können sowohl Teil des Besteuerungsverfahrens als auch eines Steuerstrafverfahrens sein.
Deshalb ist im Einzelnen insb. darzustellen,
- wie es zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die FinB bzw. die StA kommt (s. Rz. 4–13),
- ab wann und wodurch das Verfahren als eingeleitet anzusehen ist (s. Rz. 14–36) und welche Rechtswirkungen die Einleitung des Strafverfahrens im Steuerstrafrecht hat (s. Rz. 49–55).
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