Rz. 53
Die vorstehend unter Rz. 51 und 52 genannten Rechtswirkungen treten aber nur ein, wenn die Bekanntgabe in sachlicher und persönlicher Hinsicht hinreichend konkret bestimmt ist. Die näheren Einzelheiten sind bei § 371 dargestellt. So unterbricht in sachlicher Hinsicht z.B. die Einleitung des Strafverfahrens auf hektografiertem Schreiben mit allgemeinem formelhaften Text ohne tatsächliche Spezifizierung und ohne Hinweis auf eine tatsächliche Grundlage nicht die Verjährung.
Beispiel
S erhält eine Einleitungsverfügung mit folgendem Wortlaut: "Gegen Sie ist das Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung, strafbar nach § 370 AO, eingeleitet worden."
Diese Einleitungsmitteilung ist viel zu pauschal. Der Beschuldigte muss vielmehr über die ihm vorgeworfene Tat "ins Bild gesetzt" werden.
Auch die schlagwortartige Wiedergabe einzelner Tatbestandsmerkmale einer Strafnorm reicht nicht aus.
Der Tatzeitraum muss genau bezeichnet werden.
Beispiel
S erhält eine Einleitungsverfügung, in der es heißt: "Gegen Sie wird wegen der Nichtabgabe von Einkommensteuer-Erklärungen ab VZ 2010 ff. ermittelt."
Das ist keine wirksame Einleitung für die VZ ab 1997. S kann daher insoweit noch Selbstanzeige erstatten.
Auch die allgemeine Bezeichnung nur der Steuerart bewirkt keine umfassende Sperrwirkung, sondern nur – im Zusammenhang mit den u.U. aus den Akten ersichtlichen Umständen – bzgl. der Besteuerungsgrundlagen, auf die sich der Verfolgungswille und der Tatverdacht erstreckte (s. dazu eingehend § 371 Rz. 432 ff.).
Beispiel
In der Einleitungsverfügung heißt es: "Gegen Sie wird wegen Einkommensteuerhinterziehung in den Jahren 2009–2018 ermittelt. Sie sollen in den Einkommensteuererklärungen Zinseinkünfte ... nicht angegeben haben."
Hat S in dem fraglichen Zeitraum auch Vermietungseinkünfte nicht angegeben, dann kann er insoweit noch Selbstanzeige erstatten.
Aus den gleichen Gründen entfalten unbestimmte und damit rechtswidrige Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse keine verjährungsunterbrechende Wirkung (s. Rz. 52). Ebenso wenig ist mit der damit verbundenen Verfahrenseinleitung ein Sperrgrund für eine Selbstanzeige (§ 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO) gegeben.
In persönlicher Hinsicht treten die Sperrwirkung und die Verjährungsunterbrechung (vgl. § 78c Abs. 4 StGB) nur bei dem Adressaten der Mitteilung ein, nicht aber bei den anderen Tatbeteiligten (Näheres s. § 371 Rz. 578 ff.). Der Verdächtige muss noch nicht namentlich bekannt sein; es genügt, wenn er hinreichend bestimmbar ist.
Problematisch kann sein, wer infolge der Einleitung als Beschuldigter anzusehen ist. Das ist insb. der Fall, wenn Ermittlungen "gegen die Verantwortlichen" eines Unternehmens eingeleitet werden. Eine derart pauschale Umschreibung schließt nicht generell die Selbstanzeigemöglichkeit gegenüber bestimmten Personen der Geschäftsleitung aus (s. dazu § 371 Rz. 578 ff.). Strafprozessuale Ermittlungshandlungen bewirken grundsätzlich auch nur gegenüber demjenigen, gegen den sich die Maßnahme richtet, die Verjährungsunterbrechung.