Rz. 52
Die Verfolgungsverjährung von Steuervergehen wird nicht bereits durch die bloße Verfahrenseinleitung selbst, sondern erst durch die formlose Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens (zumeist der Einleitungsverfügung) unterbrochen (§ 369 Abs. 2 AO i.V.m. § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zwar wird praktisch mit der Einleitung eines Strafverfahrens regelmäßig auch die Verjährung unterbrochen. Dies liegt allerdings daran, dass gleichzeitig Ermittlungsmaßnahmen ergriffen bzw. angeordnet werden, welche in irgendeiner Weise nach außen wirken und ihrerseits Unterbrechungstatbestände darstellen. Vorher kann aber bereits wegen Anordnung der Bekanntgabe die Verjährung unterbrochen sein (§ 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB), wobei grds. die Unterzeichnung der schriftlichen Anordnung maßgeblich ist, wenn diese alsbald danach in den Geschäftsgang gelangt. Als wesentliche Ermittlungsmaßnahme ist dies gem. § 168b StPO in den Ermittlungsakten zu vermerken. Hierunter fallen auch Rechtshilfeersuchen oder innerstaatliche Rechtshilfe durch konsularische Vertretung der Bundesrepublik im Ausland. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass ausländische Strafverfolgungsübernahmeersuchen nicht auf die Unterbrechung der Verjährung gerichtet sind.
Die Erteilung eines allgemeinen Ermittlungsauftrags reicht nicht aus, selbst wenn dies die Vernehmung des Beschuldigten oder die Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung einschließt.
Im Falle der Eröffnung anlässlich einer Durchsuchung ist auf den Zeitpunkt des Erlasses der richterlichen Durchsuchungs- oder Beschlagnahmeanordnung abzustellen (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB). Werden rechtswidrige (insb. zu unbestimmte, s. Rz. 53) Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse jedoch aufgehoben, ist die Verjährung damit nicht unterbrochen worden (s. Rz. 20).
Besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, ob eine eigenständige richterliche Prüfung stattgefunden hat, oder der Antrag lediglich wortgleich übernommen wurde. Eine ungeprüfte bloße Übernahme der in das Verfahren eingebrachten Anträge und Entwürfe verbietet sich nach Ansicht des BVerfG; dies
"insbesondere dann, wenn zur Beschleunigung der Verfahren, etwa bei vielfach vorkommenden Problemkonstellationen, so genannte Textbausteine verwendet werden. Es muss feststellbar sein, dass der Richter eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall selbst vorgenommen hat."
Auch wenn der Ermittlungsrichter durch seine (bloße) Unterschrift nach Ansicht des BVerfG bezeugt, dass er den von der Unterschrift gedeckten Text geprüft und in seinen Willen aufgenommen hat und damit als Richter verantwortet, können gegenteilige Annahmen dann gerechtfertigt sein bei Vorliegen hinreichender und konkreter Anhaltspunkte dafür, dass eine eigenständige richterliche Prüfung nicht stattgefunden hat. Dies können die unkorrigierte Übernahme sinnentstellender sprachlicher Fehler oder sonst offenkundiger Mängel im Antrag der StA sein. Die Problematik stellt sich auch in besonderem Maße, wenn dem Ermittlungsrichter vorgefertigte Beschlussentwürfe unterschriftsreif vorgelegt werden.
An dieser Stelle ist genau darauf zu achten, inwiefern auch die Staatsanwaltschaft etwaige Anregungen der Steufa oder der Polizei wortgleich übernimmt oder pauschal auf die entsprechende Anregung verweist.
Die Verjährungsunterbrechung in Bezug auf eine Steuerstraftat tritt auch ein, wenn dem Betroffenen die Einleitung eines Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist (§ 376 AO, s. § 376 Rz. 90).
Dies gilt mangels Zuständigkeit nicht auch für andere strafbare Handlungen, die mit dem Steuervergehen in Tateinheit stehen (s. Rz. 15 m.w.N.).