Rz. 35
Zu § 398a AO a.F. wurde in Anlehnung an § 153a StPO diskutiert, ob eine Einstellung nach § 398a AO – entsprechend der Regelung des § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO – zu einem beschränkten Strafklageverbrauch führt. Dagegen wurde vorgebracht, dass in jenen Fällen, in denen sich die Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens und damit verbunden die des Strafklageverbrauchs stellt, die Voraussetzungen des § 398a AO objektiv nicht vorlagen, da es sich i.d.R. um unvollständige Teilselbstanzeigen handelte. In jenen Fällen trat die Straffreiheit damit gerade nicht nur deswegen nicht ein, weil der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO verwirklicht wurde. Im Übrigen wurde zu § 398a AO a.F. angenommen, dass der Gesetzgeber eine dem § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO entsprechende Regelung in den Wortlaut des § 398a AO a.F. aufgenommen hätte, wenn er einen Strafklageverbrauch beabsichtigt hätte. Schließlich befasste er sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mit § 153a StPO, da § 398a AO jener Norm ausdrücklich nachempfunden ist. Demnach ging die h.M. davon aus, dass § 398a AO a.F. zu keinem Strafklageverbrauch führt.
Rz. 36
In § 398a Abs. 3 AO hat der Gesetzgeber nunmehr ausdrücklich geregelt, dass die Wiederaufnahme eines nach § 398a Abs. 1 AO abgeschlossenen Verfahrens zulässig ist, wenn die FinB erkennt, dass die Angaben im Rahmen einer Selbstanzeige unvollständig oder unrichtig waren. Dies wurde damit begründet, dass andernfalls die Gefahr bestünde, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen ist, wenn der Stpfl. keine vollständige und richtige Selbstanzeige abgegeben hätte, dies jedoch erst nach Einstellung des Verfahrens bekannt würde. Die Gesetzesbegründung lässt den Rückschluss zu, dass § 398a AO a.F. – entgegen der hierzu h.M. – zu einem Strafklageverbrauch geführt hat. Soweit eine Einstellung nach § 398a AO n.F. erfolgt, kommt nach der Regelung des § 398a Abs. 3 AO grundsätzlich kein Strafklageverbrauch (mehr) in Betracht.
Rz. 37
Da der Gesetzgeber in § 398a Abs. 3 AO jedoch nur zwei Wiederaufnahmegründe (unvollständige oder unrichtige Selbstanzeige) geregelt hat, ist eine Verfahrenswiederaufnahme aus anderen Gründen unzulässig. Erkennt die Finanzverwaltung bspw. erst nach der Einstellung nach § 398a AO, dass ein Sperrgrund nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 AO vorlag, lässt dies eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zu. Erkennt die Finanzverwaltung nachträglich, dass die vorgenommene Berechnung des Geldbetrags nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO fehlerhaft war (z.B. versehentliche Anwendung des Prozentsatzes von 5 % nach § 398a AO a.F., unzutreffende Ermittlung des Hinterziehungsbetrags oder der verkürzten Steuer nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO) scheidet eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Gesetzeswortlaut ebenfalls aus. Jäger ist hingegen der Ansicht, dass gem. § 398a Abs. 3 AO eine Verfahrenswiederaufnahme auch dann möglich sei, wenn ein weiterer Sperrgrund neben den Sperrgründen aus § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bzw. 4 AO vorgelegen hat. Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich dies indes nicht herleiten. Nach Eintritt der Verfolgungsverjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens in jedem Fall ausgeschlossen.