a) Interpol
Rz. 942
Für den im Steuerstrafrecht in besonderem Maße bedeutsamen europäischen Bereich existieren mehrere, teils nebeneinander tätige Institutionen, die im täglichen Arbeitsablauf europaweiter und bei internationalen Steuerstrafverfahren von Bedeutung sind.
Rz. 943
Interpol (Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation – IKPO) ist eine Vereinigung nationaler Polizeibehörden zur grenzüberschreitenden Verhütung und Verfolgung von Straftaten. Das nationale Zentralbüro in Deutschland ist das Bundeskriminalamt (BKA). Das BZSt nimmt Ersuchen ausländischer Interpol-Zentralbüros über das BKA entgegen. Die Steuerfahndungsstellen hingegen sind nicht Mitglied von Interpol; ein unmittelbarer Verkehr zwischen ausländischen Interpol-Zentralbüros und nationalen Steuerfahndungsstellen ist daher nicht zulässig. Ausländische Ersuchen, die über das BKA deutschen Steuerfahndungsstellen zugeleitet werden und die nicht als dringendes Rechtshilfeersuchen anzusehen sind, dürfen daher von diesen nicht beantwortet werden.
b) Europol
Rz. 944
Europol, das Europäische Polizeiamt mit Sitz in Den Haag, Niederlande, wurde 1992 gegründet, um Daten im Zusammenhang mit Straftaten zu erheben, zu speichern, abzugleichen, zu analysieren, auszuwerten und zu übermitteln. Ziel der Tätigkeit von Europol ist die Prävention und Bekämpfung organisierter Kriminalität, Terrorismus und anderer Formen schwerer Kriminalität, die im Anhang zum Europol-Beschluss aufgeführt sind, worunter auch Korruption fällt. Rechtsgrundlage für Europol ist mittlerweile Art. 88 AEUV. Ein Teil der bei Europol arbeitenden Bediensteten wird von den nationalen Strafverfolgungsbehörden (Polizei-, Zoll-, Einwanderungsbehörden usw.) entsandt.
c) Eurojust
Rz. 945
Eurojust ist die Europäische Einheit für justizielle Zusammenarbeit und als Koordinationsstelle ohne eigene Vollzugsgewalt konzipiert. Hauptaufgabe ist die Unterstützung der Koordinierung und Zusammenarbeit der nationalen (Strafverfolgungs-)Behörden im Sinne einer Clearingstelle bzw. Dokumentationsstelle (Art. 85 Abs. 1 AEUV). Zu den Aufgaben von Eurojust, die der Konkretisierung durch Verordnungen bedarf, kann nach Art. 85 Abs. 1 Buchst. a AEUV die Einleitung von strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen, insb. bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union, zählen. Die Befugnis zur Vornahme förmlicher Prozesshandlungen verbleibt bei den nationalen Behörden.
d) OLAF
Rz. 946
OLAF ist das im Jahr 1999 durch Kommissionsbeschluss eingerichtete Amt zur Betrugsbekämpfung. Hauptaufgabe ist der Schutz der finanziellen Interessen der EU. OLAF untersucht insb. Fälle von Betrug zum Nachteil des EU-Haushalts, von Korruption sowie von schwerwiegendem Fehlverhalten innerhalb der Organe und Einrichtungen der EU und entwickelt eine Betrugsbekämpfungsstrategie für die Europäische Kommission. OLAF unterstützt ferner die Europäische Kommission bei der Konzipierung und Umsetzung von Strategien zur Verhütung und Aufdeckung von Betrug. OLAF führt dabei unabhängige Ermittlungen durch und unterrichtet hierüber die zuständigen nationalen Behörden. Mit Einführung der Europäischen Staatsanwaltschaft wird OLAF die federführende Rolle verlieren und nur noch eine erste Bewertung der Stichhaltigkeit der ihm vorliegenden Behauptungen vornehmen.
e) Europäisches Justizielles Netz für Strafsachen (EJN)
Rz. 947
Das EJN dient dazu, die Herstellung sachdienlicher Kontakte zwischen den im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zuständigen Justizbehörden zu erleichtern. Es umfasst nationale bzw. regionale Kontaktstellen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die örtlichen Justizbehörden ihres Landes sowie die anderen Kontaktstellen mit sämtlichen Informationen zu versorgen, die für die reibungslose justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, insb. im Rahmen von Rechtshilfeersuchen, erforderlich sind. Die Kontaktstellen kommen außerdem in regelmäßigen Sitzungen zusammen. Jedes Land benennt einen Staatsanwalt, der als Kontaktstelle für das Europäische Justizielle Netz für Strafsachen fungiert.
f) Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA)
Rz. 948
Die Europäische Kommission legte bereits im Jahr 2001 ein "Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft" vor. Das Grünbuch baute auf dem "Corpus Iuris" auf, einer EU-finanzierten wissenschaftlichen Studie mitsamt einem Gesetzentwurf zum Schutz finanzieller Interessen der EU. In prozessualer Hinsicht wird hierin eine Europäische Generalstaatsanwaltschaft angestrebt, die mit den nationalen Staatsanwaltschaften kooperiert.
Rz. 949
Die Europäische Kommission hat bereits am 17.7.2013 einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) vorgelegt. (Haupt-)Aufgabe der dezentral aufgeb...