aa) Einführung
Rz. 336
Die Vermögensabschöpfung ist darauf gerichtet, dem Täter, Teilnehmer oder Drittbegünstigten die Tatbeute oder den Tatbeitrag zu entziehen. Nach § 73 Abs. 1 StGB ist das tatsächlich Erlangte abzuschöpfen, etwa das erlangte Stehlgut. Ist der ursprüngliche Tatbeitrag nicht oder nicht mit seinem ursprünglichen Wert vorhanden oder kann der ursprüngliche Tatbeitrag aufgrund seiner Beschaffenheit oder aus einem anderen Grund nicht gegenständlich eingezogen werden, ordnet das Gericht die Einziehung des Wertes des Tatertrages an. Der Einziehungsadressat wird mithin zur Zahlung eines Geldbetrages verurteilt, der dem Wert des ursprünglichen Tatbeitrages entspricht. Hierdurch entsteht ein Titel, auf dessen Grundlage die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde in das Vermögen des Einziehungsadressaten vollstrecken kann. Dieser Titel wird wie eine Geldstrafe nach § 459g Abs. 2 i.V.m. § 459 StPO vollstreckt. Das mit der Steuerstraftat "Erlangte" sind grundsätzlich die ersparten Steuern bzw. der Auszahlungsanspruch gegenüber der Finanzbehörde in den Fällen der Vorsteuererstattung.
Rz. 337
Der Einziehung unterliegen nicht Beträge, die durch nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellte Taten erlangt worden sind. Auch § 73 StGB erfasst lediglich das Erlangte aus den verfahrensgegenständlichen Taten. Mit der vorläufigen Einstellung aber sind diese Taten nicht mehr Verfahrensgegenstand des Strafverfahrens.
bb) Höhe der Einziehung
Rz. 338
Hinsichtlich der Höhe der einzuziehenden Gelder, gilt auch nach der Reform das sog. Bruttoprinzip. Danach sind alle Vermögenswerte, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen. Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen dürfen nicht in Abzug gebracht werden, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer (rechtswirksamen) schuldrechtlichen Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt (§ 73d Abs. 1 StGB). Dahinter steht der Gedanke, dass das, was in Verbotenes investiert worden ist, unwiederbringlich verloren sein soll.
Beispiel
Beispielsweise nicht abzugsfähig sind Beschaffungskosten für Betäubungsmittelgeschäfte oder Anschaffungen zum Zwecke der Hinterziehung von Verbrauchsteuern (Zigarettenschmuggel: Zigarettenmaschine etc.).
Müsste der Täter nur die Abschöpfung des Nettogewinns oder des Sondervorteils befürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn unter finanziellen Gesichtspunkten als weitgehend risikolos erweisen. Der Drittbegünstigte soll durch das Bruttoprinzip veranlasst werden, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen einzurichten.
Rz. 339
Es macht keinen Unterschied, ob der Täter vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat oder ob die Tat zur Vollendung gelangt oder im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Hintergrund ist, dass die Einziehung von Vermögenswerten nicht dem Schuldgrundsatz unterliegt und nicht als Strafübel zu qualifizieren ist. Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden (§ 73d Abs. 2 StGB).
Rz. 340
Nach abweichender Rspr. des Fünften Senats unterlag indessen nur der wirtschaftliche Vorteil der Einziehung, der dem Täter oder Drittbegünstigten aus der Tat tatsächlich zugeflossen ist. Erst wenn feststand, worin der erlangte Vorteil bestand, kam auf einer zweiten Stufe das Bruttoprinzip als Abzugsverbot für gewinnmindernde Aufwendungen zur Geltung. Entscheidend war mithin, was letztlich strafbewehrt ist. Ist das Gesamtgeschäft verboten, begegnete es dieser Ansicht folgend keinen Bedenken, den gesamten Auftragswert abzuschöpfen. In anderen Fällen, wenn nur die Art und Weise der Ausführung im Falle einer Bestechung bemakelt ist, ist nach dieser Ansicht die Abschöpfung des gesamten Erlöses nicht gerechtfertigt. In diesen Fällen unterlag nach Ansicht des BGH lediglich der auf den "bemakelten" Teil entfallende Vorteil dem Verfall.
Rz. 341
Die Reform der Vermögensabschöpfung sollte zu einer Stärkung und Konkretisierung des Bruttoprinzips führen. Abzuschöpfen ist jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat. Dies ist ausweislich der Gesetzesbegründung alles, was nach geltendem Recht als das "aus der Tat Erlangte" abzuschöpfen ist. Die erforderliche Kausalbeziehung zwischen der Tat und dem rein gegenständlich zu bestimmenden Erlangten richtet sich allein nach der Wertung des Bereicherungsrechts.
Rz. 342
Nach der Reform soll das Erlangte nach dem Bruttoprinzip in zwei Schritten zu bestimmen sein. Zunächst ist das Erlangte rein gegenständlich zu bestimmen. Danach sind alle Vermögenswerte erlangt, die in ihrer Gesamtheit, einem Tat...