Rz. 558

[Autor/Stand] Umstritten ist, ob die Kontrollmitteilungsbefugnis auch für die Steufa bei steuerrechtlichen Ermittlungen gilt.

Bei Außenprüfungen der Steufa nach § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO, Tätigwerden aufgrund Ersuchens (s. dazu Rz. 258 ff.), gelten die §§ 193 ff. AO entsprechend, d.h. es können Kontrollmitteilungen unter den dargestellten Voraussetzungen gefertigt werden.

 

Rz. 559

[Autor/Stand] Bei Ermittlungen der Fahndung nach § 208 Abs. 1 Nr. 2 AO, Tätigwerden zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, kann sie, bei Vorliegen der Rechtsgrundlagen zu Vorfeldermittlungen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO (s. Rz. 195 und 212 "hinreichender Anlass"), betreffend steuerlich unbekannte Sachverhalte, ebenfalls Kontrollmitteilungen fertigen[3].

 

Rz. 560

[Autor/Stand] Bei Tätigwerden der Fahndung nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO, Vorfeldermittlungen, sind die Steufa-Prüfung und die Außenprüfung im vorliegenden Zusammenhang materiell-rechtlich, d.h. in einem funktionalen Sinne zu definieren. Bei Vorfeldermittlungen, die sich auf einen abstrakt eingegrenzten und nach den allgemeinen Erfahrungen verdächtigen Bereich ("Hinterziehungsfeld") beziehen, lässt sich die Fahndungsprüfung nur schwer von der Außenprüfung trennen, da erstgenannte faktisch darauf abzielt, im betroffenen Segment die bislang unbekannten Steuerfälle möglichst umfassend aufzudecken. Dann beschränkt sich die Tätigkeit der Steufa nicht auf eine einzelne Maßnahme mit begrenztem Ermittlungszweck, sondern weist funktional betrachtet Merkmale einer regulären Außenprüfung zur umfassenden Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen einschließlich der Kontrollmitteilungsbefugnis auf[5]. Soweit die Ermittlungstätigkeiten deckungsgleich sind, hat die Steufa auch die Befugnisse einschließlich der damit verbundenen Ermittlungsschranken der Außenprüfung zu beachten[6].

 

Rz. 561

[Autor/Stand] Die Ähnlichkeit beider Prüfungstätigkeiten zeigt sich auch darin, dass sich sowohl bei der Außen- als auch bei der Fahndungsprüfung die Reichweiten der Ablaufhemmung bei der steuerrechtlichen Festsetzungsfrist (vgl. § 171 Abs. 4 AO)[8] oder des Ausschlussgrundes für eine strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige (vgl. § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO)[9] weniger nach der Prüfungsanordnung (vgl. §§ 196, 197 AO) richten, sondern maßgeblich nach den Prüfungshandlungen, d.h. auf welche Steueransprüche sich die Außenprüfung im Einzelfall tatsächlich erstreckt.

 

Rz. 562

[Autor/Stand] Bei Maßnahmen der Fahndung, nach § 208 Abs. 1 Nr. 1 AO, so bei einer Durchsuchung beim Beschuldigten als Fahndungsprüfung, geht es um Tätigwerden zur Erforschung von Steuerstraftaten, Insoweit ist sind die Normen der StPO maßgeblich. Mithin ist für Zufallsfunde bei der Durchsuchung die Norm des § 108 Abs. 1 Satz 1 StPO zu beachten, welche lautet:

§ 108 StPO Beschlagnahme anderer Gegenstände

(1) Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, so sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen.

 

Rz. 563

[Autor/Stand] Die Norm des § 108 StPO enthält im Bereich des Strafverfahrens eine abschließende Regelung über die Frage, in welchem Umfang bei Durchsuchungen auf Unterlagen zurückgegriffen werden darf, die keinen Bezug zum Ermittlungsansatz aufweisen. Unterhalb eines Verdachts auf eine andere Straftat gibt es keinen Anlass zur Sicherstellung oder Auswertung von Unterlagen[12]. Demzufolge kann nicht bei einer Durchsuchungsmaßnahme für den konkreten Fall irrelevantes Material im Hinblick auf strafrechtlich unverdächtige Dritte angesehen und zur Fertigung von Kontrollmitteilungen genutzt werden[13]. In diesem Fällen wird der Durchsuchungszweck rechtwidrig überschritten. Schon gar nicht können Durchsuchungen bei Banken zur flächendeckenden Fertigung von Kontrollmitteilungen gegen strafrechtlich unverdächtige Kunden genutzt werden[14]. Eine Durchsuchungsmaßnahme (Fahndungsprüfung) ist keine Außenprüfung i.S.d. § 194 AO. Mithin sind Fahndungsprüfungen keine Betriebsprüfungen[15].

 

Rz. 564

[Autor/Stand] Im Ergebnis kann nur, wenn der Verdachtsgrad eines Anfangsverdachts i.S.d. § 152 Abs. 2 StPO besteht (s. § 385 Rz. 124), die Steufa unbestreitbar aufgrund ihrer strafprozessualen Befugnis die betreffenden Unterlagen als sog. Zufallsfunde i.S.d. § 108 StPO beschlagnahmen.

 

Rz. 565

[Autor/Stand] Das BVerfG hat demzufolge die Sichtung und Verwertung von Kundenunterlagen als Zufallsfunde unter den zu insoweit gegebenen Voraussetzungen des § 108 StPO bei der Durchsuchung von Banken sowie die Beweismittelbeschlagnahme im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren bei gezielter Anonymisierung von Tafelpapiergeschäften für zulässig erachtet[18].

 

Rz. 566

[Autor/Stand] Bei Kontrollmaterial liegt ein solcher Anfangsverdacht regelmäßig aber gerade noch nicht vor, denn die im Rahmen der Vorfeldermittlungen i.S.d. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gefertigten Aufzeichnungen setzen eine niedrigere Verdachtsstufe, d.h. nur eine gewisse Vermutung eines...

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