I. Entstehungsgeschichte
Rz. 1
Die Entstehung der Steuerfahndung geht zurück auf einen Erlass des Reichsministers der Finanzen (RdF) vom 1.3.1922, in dem die Schaffung eines "steuerlichen Außendienstes" (Staudi) vorgesehen war. Durch Erlass vom 8.6.1923 wurde den Beamten der Landesfinanzämter die Aufgabe zugewiesen, "größere und überörtliche Fahndungsfälle selbständig zu bearbeiten und darüber hinaus den Steuerfahndungsdienst der Finanzämter durch Entsendung geeigneter Beamter zu fördern und zu unterstützen". Eine besondere gesetzliche Grundlage für den Steuerfahndungsdienst existierte nicht. Auch in dem 1934 eingeführten § 23a RAO wurde nur auf die "Amtsträger der Finanzverwaltung" verwiesen, denen bei der Aufklärung strafbarer Handlungen die Funktion von Hilfsbeamten der StA zugewiesen war.
Ebenfalls durch einen Erlass des RdF vom 25.7.1934 fand die Bezeichnung "Steuerfahndung" Eingang in die Amtssprache.
Rz. 2
Erwähnung in einer gesetzlichen Norm fand die Steufa erstmalig im Jahr 1950 mit § 22 FVG, wonach den Beamten des Steuerfahndungsdienstes die Ermittlungsbefugnis zugestanden wurde, die den Beamten des FA zustand. Durch das 1. AOStrafÄndG vom 10.8.1967 wurde diese Regelung wieder gestrichen. Inhaltlich trat an deren Stelle § 439 RAO, der in seinen wesentlichen Strukturen bereits der heute geltenden Regelung entsprach.
Weitere Regelungen zur Steufa fanden sich in § 17 Abs. 2 FVG, welche in § 208 AO 1977 übernommen wurden.
Rz. 3
Allerdings fehlte auch in § 439 RAO zunächst noch die Befugnis zur Durchsicht der Papiere (§ 110 Abs. 1 StPO). Dieses Recht wurde erstmalig durch das 2. AOStrafÄndG in den damaligen § 439 Satz 2 RAO eingefügt. Danach erhielten die Steuer- und Zollfahndungsstellen die Befugnis zur Durchsicht der nach dem Gesetz aufzubewahrenden Geschäftspapiere (§ 110 StPO a.F.), wenn der Richter die Durchsuchung angeordnet hatte.
Seinerzeit lautete § 110 Abs. 1 StPO: "Eine Durchsicht der Papiere des von der Durchsuchung Betroffenen steht nur dem Richter zu." Durch Art. 2 Nr. 4 EGOWiG vom 24.5.1968 wurde § 110 Abs. 1 StPO neu gefasst. Die Durchsicht der nach dem Gesetz aufzubewahrenden Geschäftspapiere wurde auch der StA gestattet. § 110 StPO wurde dann durch Art. 1 Nr. 27 des 1. Strafverfahrensreformgesetzes (StVRG) insofern geändert, als nunmehr allgemein die Durchsicht von Papieren der StA übertragen wurde. Entsprechend wurde § 439 Satz 2 RAO durch Art. 8 Abs. 1 Nr. 2 des 1. StVRG dem geänderten Wortlaut des § 110 StPO angepasst. Seit dem 1.1.1975 steht den Fahndungsdiensten damit das uneingeschränkte Durchsichtsrecht zu.
Schließlich wurde § 439 RAO i.d.F. des 1. StVRG als § 404 AO mit Einführung der AO 1977 Gesetz.
Rz. 4
Durch das 1. JuMoG wurde mit Wirkung zum 1.9.2004 § 404 Satz 2 Halbs. 2 AO redaktionell geändert und der bisherige Begriff "Hilfsbeamte" durch "Ermittlungspersonen" ersetzt (s. näher dazu nachst. Rz. 294 ff. sowie § 385 Rz. 73 ff.). Die seither in allen strafprozessualen Gesetzen (vgl. auch § 152 Abs. 1 GVG) durchgängig enthaltene Bezeichnung wird der tatsächlichen Bedeutung aller im Ermittlungsverfahren für die StA tätig werdenden (Hilfs-)Personen gerecht. Damit einher ging auch die Neufassung des § 110 Abs. 1 StPO. Das bisherige Sonderrecht der Fahndung zur Durchsicht von Papieren (s. Rz. 3 und 313 ff.) steht nunmehr auch dem als "Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft" bezeichneten Personenkreis bei der Polizei auf Anordnung der StA zu.
Rz. 5
Im Jahr 2019 wurde in § 404 Satz 1 AO von Seiten des Gesetzgebers das Wort "Zollfahndungsämter" in "Behörden des Zollfahndungsdienstes" geändert. Insoweit wurde die Bezeichnung "Zollfahndungsdienst" aus den Vorschriften des Zollfahndungsdienstgesetzes (ZFdG) übernommen. Die entsprechenden Umbenennungen erfolgten inhaltsgleich ebenfalls in der Norm des § 208 Abs. 1 und Abs. 2 AO.
Rz. 6– 9
Einstweilen frei.
Rz. 10
Die historische Entwicklung der Zollfahndung stellt sich nicht wesentlich anders dar. Auch hier gingen der gesetzlichen Regelung Erlasse und Verwaltungsanweisungen voraus. Vorgänger der Zollfahndung waren die sog. "Zollgrenzkommissariate", die später in "Grenz-, Zoll- und Steueraufsichtsdienste" aufgeteilt wurden. Die Zollgrenzkommissariate bzw. ein Teil davon wurden bereits vor 1929 als "Zollfahndungsstellen" bezeichnet. Allerdings blieb die organisatorische Aufteilung der Zollaufsichtsstellen in Zollinspektionen, denen Zollkommissare vorstanden, die ihrerseits wiederum den HZÄ unterstellt waren, zunächst noch erhalten.
Durch das RAOÄndG wurde § 17 RAO 1931 um folgenden Abs. 4 erweitert:
"Den Oberfinanzpräsidenten unterstehen für den Zollfahndungsdienst Zollfahndungsstellen. Sie wirken im Steuerstrafverfahren bei der Untersuchung mit und haben insoweit die gleichen Befugnisse wie die Hauptzollämter."
Diese Regelung stellt sich als die gesetzliche "Keimzelle" der Zollfahndung dar. Die weitere ge...