Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 7
§ 1 JVEG beschreibt den Kreis der Anspruchsberechtigten und ihre Heranziehung durch Behörden oder sonstige Stellen (nun auch durch Gerichtsvollzieher). Im Einzelnen sind geregelt
- die Vergütung der vom Gericht, der StA/FinB oder der Verwaltungsbehörde herangezogenen Sachverständigen (s. § 385 Rz. 703 ff.), Dolmetscher und Übersetzer, § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG;
die Entschädigung
Rz. 8
Nunmehr ausdrücklich erwähnt ist in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 JVEG die Heranziehung durch Gericht, StA und die selbständig ermittelnde FinB i.S.d. § 399 Abs. 1, § 386 Abs. 2 AO. Gemäß § 1 Abs. 3 JVEG ist dem gleichgestellt die Heranziehung durch Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde im Auftrag von StA/FinB, also auch durch die Steuer- und Zollfahndung. Damit ist die Erstreckung der Entschädigungspflicht durch § 405 AO auf Fälle der Heranziehung durch die FinB (Satz 1) und die Steuer- und Zollfahndung (Satz 2) eigentlich überflüssig geworden (s. Rz. 1).
Die Entschädigungsberechtigten i.S.d. § 1 Nr. 1 und 3 JVEG müssen von der FinB herangezogen worden sein. Zur Vernehmung werden Zeugen und Sachverständige nach § 161a StPO i.V.m. §§ 48 ff. StPO herangezogen (s. § 385 Rz. 217 ff.). Entscheidend ist die Ladung bzw. der Beweisbeschluss. Auf die Rechtmäßigkeit der Heranziehung oder auf den Beweiswert der erstatteten Aussage oder des Gutachtens kommt es hingegen nicht an. Auch die berechtigte Verweigerung der Zeugenaussage bzw. der Gutachtenerstattung hindert nicht das Entstehen des Entschädigungsanspruchs. Anspruchsberechtigt ist ein geladener und erschienener Zeuge unabhängig davon, ob er tatsächlich vernommen wird. Der Entschädigungsanspruch kann bei Unvermögen des Gutachters verloren gehen. Nicht entschädigungsberechtigt sind Personen, die auf Veranlassung des Beschuldigten eine Auskunft erteilen oder ein Gutachten erstatten, selbst wenn die FinB hierauf in ihrer Beweiswürdigung eingeht.
Rz. 9
Die nach früherem Recht umstrittene Frage, ob auch die von der Steufa im Ermittlungsverfahren gegen einen Bankkunden um (schriftliche) Auskunftserteilung über Kontounterlagen und Geschäftsbeziehungen aufgeforderten Kreditinstitute als Zeugen oder Sachverständige entschädigungsberechtigt i.S.d. § 1 ZSEG, § 405 AO waren, hatte sich durch die Einfügung des § 17a ZSEG erübrigt.
Dem entspricht heute § 23 JVEG, der zuletzt mit dem sog. TK-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz eine neue Fassung erhalten hat (s. Rz. 14 ff.). Kreditinstitute gelten als Dritte i.S.d. § 23 Abs. 2 JVEG, an die sich das Beweiszwecken dienende Ersuchen der Fahndungsbehörde auf Herausgabe der Unterlagen oder Auskunftserteilung richtet. Unter "Ersuchen" sind alle Aufforderungen der Strafverfolgungsbehörden an den Dritten zu verstehen, dem Anliegen der Strafverfolgungsbehörden nachzukommen. Unbeachtlich ist dabei, ob dem Ersuchen ein gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss zugrunde liegt oder nicht. Worauf sich die Verpflichtung zur Herausgabe oder Auskunft des Kreditinstituts gründet, ist damit für den Entschädigungsanspruch des § 23 JVEG unmaßgeblich; entscheidend ist nur, dass die Bank damit einem Ersuchen der FinB/Steufa nachkommt. In solchen Fällen wird Entschädigung wie für Zeugen gewährt (s. Rz. 14 ff.). Dass sich § 23 JVEG auch auf die Inanspruchnahme durch die FinB oder die Steuer-/Zollfahndung bezieht, ergibt sich aus dem Begriff "Strafverfolgungs- oder Verfolgungsbehörde", so dass es einer Anpassung des § 405 AO nicht bedurfte. Zu den Ermittlungen im Bankenbereich s. ausführlich § 385 Rz. 189 ff. und § 404 Rz. 240 ff.). Die Bank kann auch das Kundenkonto mit den Kosten belasten, wenn sie den Kostenstreit mit der Steufa nicht austragen will. Nur bei einem Freispruch des Bankkunden erfolgt eine Kostenerstattung (§ 467 Abs. 1 StPO, s. dazu § 408 Rz. 18 und 25).