Rz. 131

[Autor/Stand] Werden in einem gerichtlichen Verfahren gleichzeitig Steuerordnungswidrigkeiten und Steuervergehen oder andere Straftaten verfolgt (vgl. § 42 OWiG), gelten für das Verfahren wegen der Ordnungswidrigkeiten grds. auch die Vorschriften der StPO. Für die Taten, die als reine Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden, gelten jedoch die vereinfachten Verfahrensvorschriften des OWiG (§ 83 Abs. 1 OWiG ). Verfahrensvorschriften in diesem Sinne sind

Diese Normen sind nur dann heranzuziehen, wenn das Verfahren mehrere Taten im prozessualen Sinne zum Gegenstand hat und mindestens eine davon als Steuerordnungswidrigkeit verfolgt wird. Diese Steuerordnungswidrigkeit muss vom übrigen Verfahren abtrennbar sein, d.h. sie müsste auch in einem gesonderten Bußgeldverfahren verfolgt werden können.

Wie es zu dieser Verfahrenssituation kommen kann, zeigen die folgenden Beispiele.

 

Beispiel

Die FinB hat gegen K wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) und der Gefährdung der Abzugsteuern (§ 380 AO) ermittelt und bejaht in beiden Fällen den hinreichenden Tatverdacht. Wegen des Umfangs der Steuerhinterziehung und der schwierigen Beweisfragen hält sie ein Strafbefehlsverfahren nicht für geeignet und gibt das Verfahren an die StA ab (§ 386 Abs. 4 Satz 1 AO). Die StA erhebt wegen der Steuerhinterziehung Anklage und erstreckt diese auf die mit der Straftat zusammenhängende Steuerordnungswidrigkeit (vgl. § 42 Abs. 1 AO, § 64 OWiG; s. Rz. 11).

 

Beispiel

Gegen H ist ein Bußgeldbescheid wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO) ergangen. H hat dagegen fristgerecht Einspruch eingelegt. Im gerichtlichen Bußgeldverfahren erfolgt gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 OWiG der Hinweis, dass die eine Tat nicht nur als leichtfertige Steuerverkürzung, sondern evtl. auch als vorsätzliche Steuerhinterziehung geahndet werden kann. Hinsichtlich dieser Tat ist das Bußgeldverfahren in das Strafverfahren übergegangen.

 

Beispiel

L ist vor der Strafkammer des LG wegen Betrugs (§ 263 StGB) und Steuerhinterziehung (§ 370 AO) angeklagt. Das Gericht hat die Anklage zugelassen, hält aber im Laufe der Hauptverhandlung nur noch die Tatbestände des Betrugs und der leichtfertigen Steuerverkürzung gem. § 378 AO für gegeben (Übergang des Strafverfahrens hinsichtlich einer Tat in das Bußgeldverfahren).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022

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